Ich bin auf Dienstreise und muss das erste Mal seit Langem wieder mit dem Auto fahren. So schleiche ich mit 80 km/h auf der rechten Spur der Autobahn durch den Verkehr und fühle mich unwohl. Doch nicht nur das, mein Blick wandert immer und immer wieder in den Rückspiegel und ich habe den Eindruck, dass mich das Auto hinter mir verfolgt. Es verfolgt mich, denn es ist bereits seit einer Stunde hinter mir, obwohl es genug Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, mich zu überholen.
Schließlich wird es mir zu viel und ich fahre an der nächsten Haltestelle heraus, doch das Auto folgt mir weiter. Ich stelle das Auto ab und warte. Warte, dass das andere Auto weiterfährt und ich mir sicher sein kann, dass es mir nicht mehr folgt. Schließlich fährt das andere Auto weiter und auch ich setze nach einigen Minuten meinen Weg fort.
Mir wird bewusst, dass meine Angst, verfolgt zu werden, völlig irrational ist, denn wer sollte schon Interesse an mir haben? Schließlich bin ich weder reich noch berühmt. Ich bin nur ein kleiner Niemand, der sein unbedeutendes Leben lebt. Doch trotz dieser rationalen Gedanken kommt es immer wieder vor, dass ich denke, verfolgt zu werden. Häufig, wenn ich mich unsicher fühle und denke, dass andere nur darauf warten, dass ich einen Fehler mache. Doch nicht nur das. Nein, auch mein schlechtes Gewissen, das sich bei mir immer einstellt, wenn ich etwas falsch mache, führt dazu, dass ich überwachende Blicke meine zu spüren. Blicke von Menschen, die mir einen Strick aus meinen Fehlern drehen wollen.
Schließlich erreiche ich den Zielort meiner Dienstreise und stelle erleichtert das Auto ab, checke im Hotel ein und lege mich so angezogen, wie ich bin, aufs Bett im Hotelzimmer und starre an die Decke. Ich frage mich, warum mich die dunklen Schatten schon wieder verfolgen. Das erste Mal begegnet waren sie mir, als ich frisch meinen Führerschein gemacht hatte und die ersten ein, zwei Jahre unsicher auf den Straßen unterwegs gewesen bin und dachte, dass ich dadurch auffällig wäre und beobachtet würde. Doch mit der Zeit gab sich das Gefühl. Die Angst vor Verfolgung blitzte nur noch kurz auf, wenn mir mal etwas nicht gelang oder ich einmal nicht zu meinen Fehlern und Missgeschicken stand. Doch da ich nicht mit den dunklen Schatten leben wollte, begegnete ich bald der Welt, mit fast grenzenloser Ehrlichkeit und Offenheit, und so verschwanden die dunklen Gesellen, die mich verfolgten.
An dieser Offenheit hatte ich nichts geändert, warum also kam sie wieder? Ein schlechtes Gewissen? Eigentlich nicht. Unsicherheit? Etwas. Mir wird bewusst, dass die dunklen Gestalten danach trachten, mein Leben zu bestimmen, denn wenn ich sie in meinem Nacken spüre, würde ich dementsprechend leben und Lebensqualität einbüßen. Ich würde anderen Menschen grundlos Misstrauen und mir selbst das Leben schwer machen, so wie bei der unnötigen Pause beim Autofahren. Sie würden mich lenken und ich würde mich noch mehr vor ihnen fürchten.
Nein, ich möchte nicht in diesem Teufelskreis landen. Ich möchte nicht in Angst vor den Schatten leben. Ich möchte selbstbewusst leben und meinen Weg gehen! Doch wie der Angst begegnen? Die grenzenlose Offenheit langt scheinbar nicht mehr. Was bleibt, wäre Selbstbewusstsein. Doch Selbstbewusstsein kommt bei mir nicht von allein. Ich bin kein Mensch, der grenzenloses Selbstvertrauen hat, auch wenn es eigentlich nicht angebracht ist. Ich bin ein Mensch, der zweifelt, und dessen Selbstvertrauen eher aus dem kommt, was er erreicht hat. Also müsste ich in vielerlei Hinsicht besser werden und mehr erreichen. Doch dann stellt sich bei mir, wie schon einmal, vielleicht das Imposter-Syndrom ein. Wodurch ich mich noch mehr verfolgt fühlte, da ich mich selbst für einen Hochstapler hielte, der das, was er bekommt, nicht verdiente.
Ah! Ich kann nicht mehr! Überall die Angst, verfolgt zu werden und aufzufliegen! Jeden Tag etwas Neues, was an meiner Seele nagt und mich in die Dunkelheit ziehen möchte!
Da ich keine Kraft habe, um aufzustehen und mich bettfertig zu machen, schließe ich einfach die Augen und versuche zu schlafen, in der Hoffnung, dass die dunklen Gestalten morgen weg sind. Doch tief in meinem Inneren weiß ich, dass sie hinter jeder Ecke auf mich lauern, bereit, mir zu folgen und mein Leben zur Hölle zu machen.