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Ein Traum von Rebellion

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Verkrustete Strukturen, eine Gesellschaft, die vergangenen Zeiten nachtrauert, und eine Bevölkerung, in der viele immer mehr und mehr haben möchten. Das ist der Zustand vieler westlicher Staaten, von denen Deutschland einer ist. Die Menschen halten große Reden für eine bessere Welt, wobei die hauptsächlich besser für sie sein soll. Sie hetzen gegen Schwächere, gegen die, die weniger haben als sie selbst, denn solange es einen gibt, der weniger hat als sie, geht es ihnen gut. Wenn ich diese Menschen sehe, träume ich von einer Zeit, in der die Aufrechten Courage zeigen und auf die Straße gehen. Ich träume von einer Rebellion, die von den Anständigen ausgeht. Von einer Rebellion, die die Gesellschaft aufrüttelt und zu einer besseren macht. Doch diese, meine Träume, bleiben Wunschträume.

Ich beobachte immer wieder das Genovese-Syndrom. Das Genovese-Syndrom, dass sich darin äußert, dass viele Menschen, wenn sie sich in Gruppen befinden, nicht handeln, sondern denken, dass für sie kein Grund zum Handeln besteht, wenn auch keine andere Person handelt. Stellte ich denn nicht schon häufig auf meinen Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fest, dass sich die Mehrheit der Reisenden von Einzelnen terrorisieren lässt. Ist mir denn nicht schon aufgefallen, dass viele Menschen mit Gesten ihr Missfallen über bestimmte Verhaltensweisen zum Ausdruck bringen, z.B. wenn ein einzelner Mitreisender so laut Musik im Zug hört, dass alle anderen Mitreisenden gezwungen sind, dessen Musik zu ertragen. Und vor allem, bin ich in diesen Situationen nicht meistens der Einzige, der nach einer Weile etwas zu dem Störenfrieden sagt? Ja, das bin ich! Die anderen, die für mich einfach nur eine graue stumme Masse darstellen, da sie sich alles bieten lassen, raffen sich dann ab zu doch auf, etwas zu sagen, aber erst in dem Moment, in dem ich bereits etwas zu den Störenfrieden sagte. Erst wenn ich den ersten Schritt tat, rangen sie sich durch, meine Aussage zu bestätigen. Doch selbst den ersten Schritt zu tun, trauen sie sich nicht.

Jahrelang fragte ich mich, was mich von dieser konformen Masse von Menschen unterscheidet. Eine mögliche Antwort lieferte mir der Artikel „Zivilcourage – auf der Suche nach der Heldenformel“ der in der ZEIT Nr. 2 vom 5.1.2017 erschien und den man hier http://www.zeit.de/2017/02/zivilcourage-gerechtigkeit-aktivismus-unrecht-helden-vorbilder nachlesen kann. Ein Satz dieses Artikels, der mir besonders prägnant erscheint, ist: „Man wisse nur, dass Menschen, die sich widersetzen, stärkere antiautoritäre Überzeugungen haben als der Durchschnitt der Menschen – und außerdem mehr Empathie.“ Wenn das stimmt, sollte man es als Aufforderung sehen, seine Empathie zu finden, zu trainieren und auszuleben. Man sollte auf keinem Fall als Teil der grauen Menschenmasse, zwischen all den anderen grauen Menschen, wandeln. Außerdem sollte man, wo die Autoritäten eine rückwärtsgewandte und eine über kurz oder lang weltzerstörende Politik betreiben, für eine bessere, der Zukunft zugewandte, Gesellschaft kämpfen. Man sollte für eine aufgeklärte Gesellschaft kämpfen, in derer sich die Menschen ihres Verstandes bedienen und Wahrheiten, wie sie nun einmal sind, akzeptieren. Selbst dann, wenn diese Wahrheiten für sie selbst unbequem sind. Der Grund dafür ist, dass man nur in der Lage ist, unbequeme Veränderungen anzustoßen, wenn man Wahrheiten so akzeptiert, wie sie sind. Denn nur durch die Akzeption einer Wahrheit ist man bereit, Veränderungen voranzutreiben, die eventuell für einen selbst unbequeme Folgen haben.

Tut man all dies und benutzt darüber hinaus, in allen Lebenslagen, seinen eigenen Verstand, so gelangt man meiner Erfahrung nach ziemlich schnell zu einer antiautoritären Überzeugung. Der Grund dafür ist, dass die, die die Autorität in einem Land vertreten, meistens versuchen ihren Stand und Status zu wahren, wenn sie nicht gar nur die Interessen des Kapitals vertreten und das auf Kosten der Zukunft der Natur, des Planeten und auch der Menschen.

An das obig geschriebene anschließend möchte ich auch einen Blick auf einen der Gründe für die Unzufriedenheit in unserer heutigen Generation werfen. Auf einen Grund, aus dem heraus man nicht rebellieren sollte, sondern stattdessen gegen ihn. Der Grund liegt in unserer westlichen Welt, oder um es genauer zu sagen, in unserer vom Materialismus geprägte Gesellschaft.

Zum Einstieg in diesen Abschnitt möchte ich auf den Artikel „Wozu der ganze Stress? – Früher reichte ein Gehalt, um eine Familie zu ernähren. Heute braucht es zwei, heißt es. Aber stimmt das wirklich?“ aus der ZEIT Nr. 4 vom 19.1.2017, der hier http://www.zeit.de/2017/04/familie-vereinbarkeit-beruf-gehalt-dienstleister/komplettansicht nachgelesen werden kann, verweisen. In diesem Artikel bringt der Autor zum Ausdruck, dass ein Teil der Unzufriedenheit der Menschen im Bezug auf Arbeit und Zeit für die Familie, darin begründet liegt, dass viele Menschen, die heute Leben, deutlich höhere materielle Ansprüche haben, als die Menschen der vorhergehenden Generationen. Laut dem Autor liege in diesen höheren materiellen Ansprüchen begründet, dass diese Menschen einen höheren Bedarf an finanziellen Mitteln haben, und für diese Mittel länger bzw. mehr arbeiten müssen.

Wie jedem Menschen, der diese Zeilen liest, bewusst sein sollte, so ist die Lösung dieses Problems ganz einfach. Die Lösung ist „genügsam sein“. Also nicht nach immer mehr und mehr streben, sondern mit dem, was man hat, zufrieden zu sein. Nicht sich selbst mit anderen vergleichen und ihnen nicht ihre Statussymbole, als Ausprägung ihres Materialismus neiden. Nicht nach immer mehr und nach immer neuen Dingen streben. Nein! Man sollte lieber versuchen, sein Glück im Kleinen zu finden. Nicht mehr und mehr Zeit mit Arbeit verbringen, um Geld für Dinge zu verdienen, die man, wenn man ehrlich zu sich selbst ist, eigentlich nicht braucht. Sondern stattdessen sich und seine Zeit genießen. Denn nichts ist so kostbar wie die Zeit, die man zum Leben hat, und die Zeit wird nicht unbedingt dadurch erfüllter, dass man sie für materialistische Ziele verschwendet.

Aus all diesen Gründen träume ich von einer Rebellion. Einer Rebellion gegen unsere rückwärts gewandte und überholte Gesellschaft. Einer Rebellion gegen den Materialismus und das immer mehr haben wollen. Ich träume von einer Rebellion der aufgeklärten Menschen, die Zivilcourage besitzen, für eine bessere Gesellschaft, ein besseres Miteinander und eine nachhaltigere Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der die Menschen glücklich miteinander leben können, sich gegenseitig unterstützen und in der es keine unverhältnismäßige Ausbeutung von Lebewesen und der Natur gibt. Ich träume von einer Welt, in der sich alle Menschen die Hand reichen und friedlich, und im Einklang mit der Natur, leben.

Doch da ich weiß, dass dieser Traum, sowie der Traum von einer Rebellion der Aufgeklärten, utopisch ist, bleibt mir nur die Rebellion im Kleinen. Mir bleibt nur als ein Rebell in unserer Gesellschaft zu Leben, der das tut, was er für richtig hält. Doch das Problem mit einem einzelnen Rebellen ist, dass sein Wirkbereich klein ist. Ein einzelner Rebell wird schnell entmutigt und dass, was von seiner Rebellion dann am Ende meist übrig bleibt, ist eine Karikatur seiner einstigen Ziele. Eine Karikatur, wie sie für mich viele Punks darstellen, die vielleicht einst gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung, für eine bessere und gerechtere Gesellschaft rebellieren wollten, und diese Rebellion dann einfach im Nichts verpuffte, und das was am Ende blieb, einfach der Versuch war, anderes als der Rest zu sein. Anders zu sein, auch wenn es nur der Modestil oder der öffentliche Alkoholkonsum ist.

Mich persönlich betreffend, muss ich sagen, dass ich mich mit der Ideologie der Punks z. T. identifizieren kann. Wobei die Identifizierung sich nicht auf den „asozialen säufer Punk“ bezieht, sondern auf den politischen Punkt. Der politische Punk, der Missstände in der Gesellschaft sieht, sie aufzeigt und sie versucht durch seinen Lebensstil zu ändern.

Also Freunde der Aufklärung, haltet die Fahne der Rebellion, gegen die Missstände, die ihr seht, hoch. Habt Empathie, seit antiautoritär, rebelliert gegen verkrustete Strukturen und vor allem, versucht unsere Gesellschaft zu einer besseren und lebenswerteren zu machen.

Published inKolumne

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