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Ich Erdling 27: Von der Wohlstandsgesellschaft

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Hört man sich Reden von Politikern und Entscheidungsträgern in unserer Gesellschaft an, so sprechen sie häufig vom Wohlstand. Sie sprechen vom Wohlstand für alle und der Wohlstandsgesellschaft. Sie reden davon, dass in unserer Gesellschaft alle im Wohlstand leben sollten und keiner abgehängt werden darf, zumindest keiner der Einheimischen. Doch was ist dieser Wohlstand, von dem sie ständig reden, und leben wir wirklich in einer Wohlstandsgesellschaft?

Betrachte ich mir unsere Gesellschaft und verdeutliche ich mir, was diese Entscheidungsträger meinen, so wird mir bewusst, dass sie eigentlich immer nur vom materiellen Wohlstand sprechen. Sie, die die Entscheidungen in unserer Gesellschaft treffen, reden häufig nur vom Wohlstand, im Sinne vom materiellen Besitz. Sie versprechen, dass jeder, der sich gesellschaftlich integriert und sein Bestes gibt, Wohlstand erreichen kann. Doch ist es wirklich Wohlstand, wenn man immer und immer mehr materiellen Besitz anhäuft oder handelt es sich um ein falsches Verständnis von Wohlstand?
Setzt man sich mit den Reden der Politiker und Entscheidungsträger auseinander, gewinnt man darüber hinaus den Eindruck, dass sie der Überzeugung sind, dass materieller Wohlstand glücklich macht. Doch schaut man sich dann viele Menschen an, von denen behauptet wird, dass sie in unserer Gesellschaft im Wohlstand leben, so findet man häufig für diese Behauptung keinen Beleg. Manchmal habe ich gar den Eindruck, dass einige Menschen, die materiellen Wohlstand erreichten, unglücklicher sind, als Menschen die bescheiden in „materieller Armut“ leben. Sie sind z.T. unglücklicher, da sie von Verlustängsten geplagt werden und sie ihre Bestätigung und gesellschaftliche Anerkennung eben an ihrem materiellen Besitz fest machen. Kurz gesagt, man gewinnt den Eindruck, dass der Mensch ein guter, im Sinne von üppiger, Konsument sein muss, um der gesellschaftlichen Vorstellung von Wohlstand zu entsprechen. Darüber hinaus gewinnt man auch den Eindruck, dass die Menschen Angst davor haben, irgendwann nicht mehr so üppig, häufig über ihren Verhältnissen, konsumieren zu können und aufgrund dessen den gesellschaftlichen Statusverlust fürchten.
Mit dieser Betrachtung im Hinterkopf kann ich nicht glauben, dass wirklicher Wohlstand sich alleinige aus materiellen Besitz und Konsum speist. Stattdessen stellt sich mir die Frage, ob das Ziel einer Wohlstandsgesellschaft nicht sein sollte, dass alle Menschen, wenn nicht gar alle Lebewesen, gut, aber nicht im Überfluss leben können. Damit meine ich, dass es doch in einer Gesellschaft eigentlich wichtiger sein sollte, dass alle Lebewesen über genügend Grundnahrungsmittel, genügend Trinkwasser, guten Zugang zum Gesundheitssystem, gute Bildung, etc. verfügen, anstatt materiellen Besitz anzuhäufen. Wie kann es sein, dass selbst in unserer sogenannten Wohlstandsgesellschaft, Menschen jährlich oder gar mehrmals im Jahr, in den Urlaub fliegen, damit den Klimawandel befeuern, was zu Ernteeinbußen führt, was wiederum dazu führt, dass die Ärmsten hungern oder Landflucht begehen müssen. Wo ist die Genügsamkeit als Wohlstandstugend, die die Menschen dazu bringt, ihr Geld in nachhaltige Dinge zu investieren. Wo ist die Geduld, die die heutige Generation auch mal mehrere Jahre auf einen großen Urlaub sparen lässt, der dann länger und nachhaltiger ist, als es irgendein Kurztrip je sein könnte? Warum wird der jährliche Flug- oder Autotrip in den Urlaub nur als Zeichen des Wohlstands angesehen, wenn er doch den meisten Menschen gar nicht die erhoffte Entspannung und Erholung bringt, da sie sich meistens mit Reisestress und Ärger über dieses und jenes beschäftigen?
Sollten die Menschen in unserer sogenannten Wohlstandsgesellschaft nicht eher durch Politiker, Entscheidungsträger und Personen des öffentlichen Lebens, dahingehen motiviert werden, dass sie sehen und verstehen, dass wahrer Wohlstand einfach die Erfüllung der Grundbedürfnisse und das Finden vom Glück im Kleinen ist? Sollten nicht gerade die Politiker aufhören, Klientelpolitik aus dem letzten Jahrhundert zu betreiben und ehrlich zu den Menschen sein? Sollten die Politiker nicht mal den Mumm haben und sagen: „Wir können nicht länger im Überfluss, also so wie bisher, leben! Wir müssen uns wieder auf das wesentliche besinnen, damit wir auch noch in zwanzig oder dreißig Jahren im Wohlstand leben können. In einem Wohlstand, in dem unsere Grundbedürfnisse noch befriedigt werden können, auf das wir auch dann noch glücklich und zufrieden, im Einklang mit der Natur und unserer Umwelt, leben können.“ Doch das wichtigste dabei wäre, nicht nur solche Aussagen zu treffen, sondern ihnen im Anschluss auch wirklich Taten folgen zu lassen.
Vielleicht wäre es für unsere Gesellschaft auch gut, wenn sich die Entscheidungsträger eher der Befriedigung der lebensnotwendigen Grundbedürfnisse und der Förderung des gesellschaftlichen Glückes verschrieben, wobei das gesellschaftliche Glück sich daran orientieren sollte, dass die soziale Einbindung von Menschen gefördert wird. Die Politik, gesellschaftlichen Entscheidungsträger und die Personen des öffentlichen Lebens sollten sich dafür einsetzen, dass in unserer Gesellschaft nicht mehr der materielle Besitz zur gesellschaftlichen Anerkennung oder dessen Mangel, zur gesellschaftlichen Ächtung führt, sondern das soziale Interaktionen und Kontakte wieder mehr zählen und das nicht der mit den „dicksten“ Auto Beachtung findet, sondern der mit dem besten Witz und Verstand, der darüber hinaus gut und glücklich, wirklich nachhaltig lebt.

Nach der obigen, vielleicht doch etwas abstrakten Abhandlung möchte ich kurz aufzeigen, was ich aus diesen Überlegungen für mich und mein Leben mitnehme. Zuerst muss ich sagen, dass ich mich für meinen Teil, nicht als Teil unserer deutschen (materiellen) Wohlstandsgesellschaft sehe und auch kein Teil von ihr sein möchte. Statt fast ausschließlich nach materiellen Werten zu streben und für kurze Freuden die Umwelt zu zerstören, möchte ich doch lieber mein Glück im Kleinen suchen. Mein Wohlstand soll der sein, dass ich genügend Nahrungsmittel und Trinkwasser habe, um gesund zu leben. Natürlich erachte ich es auch als meinen persönlichen Wohlstand, dass ich einen guten Zugang zur ärztlichen Grundversorgung habe, in der notwendige Behandlungen, bei Krankheit, durchgeführt werden. Mein persönlicher Wohlstand, wobei es schon fast an Luxus grenzt, ist, eine Wohnung / ein Haus, mit einem Garten zu haben, in dem die verschiedensten Pflanzen wachsen und Insekten, Vögel, etc. ein zuhause finden können. Aufgrund dessen soll mein persönliches Streben auch nicht auf materiellen Zugewinn ausgerichtet sein, sondern darauf, die Nachhaltigkeit meines kleinen Wohlstands, nach und nach und immer weiter zu verbessern. Dadurch, dass ein Garten mein kleiner Wohlstand ist, brauche ich nicht für einen Erholungs- oder Spaßurlaub mit dem Flugzeug oder Auto zu verreisen, sondern finde sowohl Erholung als auch Spaß in meinem Garten oder, wenn ich mal raus „muss“ auf einer Wanderung in meiner näheren Umgebung, deren eventuelle Anreise ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen kann. Darüber hinaus brauche ich auch keine Abenteuer-Urlaube, sondern finde die Abenteuer in Romanen. In Romanen, bei deren Lektüre mein Geist auf fantastische Reisen in die verschiedensten realen oder erdachten Welten geht. Auch die Lektüre von Romanen ist somit ein Aspekt meines persönlichen Wohlstands.

In diesem Sinne bleibt mit nur noch zu sagen: „Fragt euch, was wirklicher Wohlstand, abseits von materiellem Besitz, ist oder sein kann und strebt nach einem nachhaltigen und gesunden Wohlstand.“

Published inIch Erdling

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