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Momente – Teil 18: Auf einem Kinderspielplatz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Ich bin mit einer Freundin und ihrem Kind auf einen Kinderspielplatz. Ihr Kind sitzt bei mir auf dem Schoß und ich auf einer Schaukel. Ich schaukle langsam hin und her und das Kind lacht fröhlich und schön. Während ich so schaukle, rede ich mit meiner Bekannten, wobei nicht wirklich eine Unterhaltung zustande kommt. Nein, stattdessen hält sie ständig ihr Smartphone in den Händen und macht Bild um Bild von ihrem Kind. Sie knipst Bild um Bild, anstatt den Moment und ihre Freude im hier und jetzt zu genießen. Mir wird ihr Gebaren zu viel uns so sage ich zu ihr: „Könntest du nicht mal dein Smartphone aus den Händen legen und einfach das hier und jetzt genießen, anstatt ständig Bilder zu machen?“ „Was hast du denn, ich muss doch die schönen Momente festhalten. Irgendwann ist mein Kind erwachsen und verlässt das Haus und dann habe ich keine Erinnerungsstücke mehr an es. Außerdem will mein Kind vielleicht später einmal wissen, wie es als Kleinkind aussah?“ „Dafür reicht aber ein Foto von einem besonders schönen Moment und nicht tagtäglich dutzende von Fotos, die du dann noch mit Sprüchen bestückt auf Social-Media-Plattformen hoch lädst. Ehrlich, genieße doch einfach die schönen Momente mit deinem Kind und nimm dir mal vor, höchstens pro Woche oder, wenn du das nicht schaffst, pro Tag, ein Bild von deinem Kind zu machen. Ein Bild, dass du für dich, deine engen Freunde und Bekannten bewahrst, anstatt es auf irgendwelche Onlineplattformen hochzuladen.“ „Was hast du denn dagegen, dass ich mein Glück mit all denen, die ich kenne, im Internet, teile? Da ist doch nichts dabei.“ „Doch, du verletzt dadurch ständig die informelle Selbstbestimmung deines Kindes. Du ziehst es ins ‚Rampenlicht‘, um durch es und mit ihm dich selbst, im richtigen Licht darzustellen. Man könnte auch den Eindruck gewinnen, dass du versuchst dich über die Bilder deines Kindes, in den sozialen Medien, zu profilieren.“ „Das mach ich gar nicht. Ich bin einfach nur glücklich und möchte mein Glück mit anderen Menschen teilen.“ „Dann brauchst du ja keine Bilder von deinem Kind ins Internet hochladen, sondern kannst stattdessen auch Symbolbilder, wie das Bild eines vierblättrigen Kleeblattes oder einer schönen Blume, mit dem Spruch: ‚Heute ist ein schöner, glücklicher Tag, den ich mit meinem Kind verleben durfte.‘ hochladen. So teilst du auch dein Glück mit der Welt. Doch für solche Bilder bekommst du kaum Aufmerksamkeit und kaum ‚Likes‘ und deswegen teilst du sie nicht, sondern lädst Bilder deines Kindes mit Sprüchen hoch, da sie mehr Aufmerksamkeit generieren. Aufmerksamkeit, das Blutgeld des digitalen Zeitalters.“ „Man, du kannst einem auch alles verderben. Lass mich doch das machen, was ich für Richtig halte. Schließlich ist es mein Kind und nicht deins.“ „Du hast recht, es ist dein Kind und trotzdem nehme ich mir heraus dir meine Meinung zu sagen, damit du dich an ihr reiben kannst und vielleicht einige Dinge nochmal überdenkst, die meiner Meinung nach, eher unüberlegt sind.“ „Danke dafür! Jetzt hast du mir meinen Tag versaut! Los, gib mir mein Kind, ich gehe nach Hause!“ Ich gebe ihr, ihr Kind und sie geht ohne ein weiteres Wort von dannen.

Als sie gegangen ist und ich allein auf der Schaukel sitze, frage ich mich, ob ich übertrieben oder etwas falsch gemacht habe. Vielleicht hätte ich einfach schweigen sollen? Nein, das wäre der falsche Weg. Wenn einem etwas auffällt, das nicht optimal läuft, so muss man es ansprechen und gegebenenfalls zivilisiert über Sinn und Unsinn der Sache diskutieren, auch um den Preis, dass man Freunde und Menschen, die man eigentlich mag, dabei ungewollt verletzt.

Published inMomente

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