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Der Wert des Lebens und der Welt

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Häufig, wenn ich wandern gehe, frage ich mich, welchen Wert eigentlich das Leben und die Welt haben. Ich frage mich das, da ich immer und immer wieder die Hinterlassenschaften, in Form von Müll, der Menschen sehe. Sehe ich den Müll, den die Menschen achtlos überall liegen lassen, nicht richtig entsorgen oder gar unnötigerweise produzieren und dadurch die (Um-)Welt und andere Lebewesen vergiften, glaube ich, dass das Leben und die Welt uns Menschen wenig wert ist.

Doch, wie kann man überhaupt den Wert der Welt und des Lebens bestimmen? Wie kann man sagen, dass einer Person etwas Bestimmtes mehr wert ist, als etwas anderes? Meiner Meinung nach geht das recht gut, da wir in einer kapitalistischen Gesellschaft, wenn nicht gar auf einem kapitalistischen Planeten, leben. Der Grund dafür ist, dass sich in einem kapitalistischen System der Wert einer Sache daran ordiniert, was die Menschen bereit sind, für sie aufzuwenden. Dabei meine ich nicht nur die finanziellen Mittel, die man bereit ist aufzuwenden, nein, auch die Zeit und Aufmerksamkeit sind neben dem Geld, Bezahlungseinheiten des Kapitalismus.
Geht man jetzt von dem Grundsatz des Kapitalismus aus, dass etwas nur soviel Wert hat, wie ein Mensch dafür bereit ist zu zahlen, kann man den Wert der Welt und des Lebens, zumindest im Vergleich zu anderen Dingen und Aktivitäten, bestimmen.
Bei dieser Betrachtung lasse ich bewusst den zweiten Leitsatz des Kapitalismus, dass Angebot und Nachfrage den Preis regeln, außen vor, da wir nur eine Welt haben und jedes Lebewesen nur ein Leben, dass in der Regel, zumindest ihm persönlich, unbezahlbar ist. Dadurch, dass wir eben nur ein Leben und eine Welt haben, dürfte nämlich der Erhalt ebendieser, unbezahlbar sein, was sich aber in unserem kapitalistischen System nicht wieder spiegelt.

Betrachte ich mir jetzt vor diesen Hintergrund das, wofür viele Menschen ihr Geld, ihre Zeit und ihre Aufmerksamkeit aufwenden, sehe ich, dass vielen von ihnen die Welt und das Leben wenig wert ist. Ich sehe das daran, dass sie ihr Geld häufig lieber für einen über­bor­denden materialistischen Lebensstil aufwenden, der seine Ausprägung in Luxusprodukten, Statussymbolen, „fast fashion“, „fast furniture“ und Luxusreisen findet. Sie wenden ihr Geld, ihre Zeit und ihre Aufmerksamkeit häufig für den bedingungslosen Konsum auf, anstatt besonnen und maßvoll zu leben und ihre begrenzten Ressourcen für nachhaltige und fair gehandelte Rohstoffe, nicht ausbeuterische Arbeitsbedingungen, den Umwelt- und den Datenschutz aufzuwenden.

Manch einer mag jetzt behaupten, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, denen ihre finanziellen Mittel einen bestimmten Lebens- und Konsumstil diktieren, doch das sind höchstens wenige Prozent der Bevölkerung und selbst diese können in der Regel, wenn auch im Kleinen, den Fokus ihres Konsums auf mehr Nachhaltigkeit legen. So erlebe ich immer wieder, dass Menschen in allen finanziellen Schichten, ihr Geld lieber für Zigaretten, Alkohol oder auch Genussmittel, wie Softdrinks oder mehrere Tassen Kaffee am Tag, ausgeben, anstatt beispielsweise Leitungswasser und ab und an genussvoll eine Tasse fair gehandelten Bio-Tee oder Bio-Kaffee zu trinken, oder auch mal einen Abend mit Diskussionen über Gott und die Welt zu verbringen, anstatt mit Alkohol, um so den eigenen Horizont, die eigene Sichtweise und die eigenen Argumente zu formen und weiterzuentwickeln. Nein, stattdessen konsumieren, trinken und rauchen sich viele lieber langsam um ihre Gesundheit, ihren Verstand und tragen fahrlässig dazu bei, dass die Welt und das Leben mehr und mehr zerstört wird.
Doch, nicht nur das. Alle Menschen können beispielsweise auch, anstatt dem sie ihre Zeit und ihr Geld dafür aufwenden, sich berieseln oder bespaßen zu lassen, sich weiterbilden, indem sie Sachbücher lesen, Dokumentationen schauen oder Weiterbildungskurse besuchen. Auch den Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen kann man häufig problemlos umweltverträglicher gestalten, indem man die öffentlichen Verkehrsmittel oder das Fahrrad benutzt, was für jeden ja offensichtlich nachhaltiger als das Auto sein sollte. Doch ich höre jetzt schon wieder das Geschrei, das ich immer und immer wieder von einigen Bekannten höre. Das Geschrei, dass sie dafür mehr Zeit bräuchten und unflexibel sein. Ich höre sie jammern, dass sie mit ihrer Zeit wichtigeres zu tun hätten, als sie in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf dem Fahrrad zu verbringen, wobei sie verschweigen, dass sie, sobald sie zuhause sind, ihre Zeit in der Regel vor dem Fernseher, bei seichter Unterhaltung, oder mit digitalen Spielen vergeuden. Durch dieses Verhalten bringen sie doch eindeutig zum Ausdruck, dass ihnen sanfte Unterhaltung wichtiger ist, als ein nachhaltiger Lebensstil und der Schutz der Natur und der Welt, dass also die sanfte Unterhaltung für sie mehr Wert hat, als der Schutz der (Um-)Welt und des Lebens.

Apropos Autos und Bildung, mach einer mag jetzt auch sagen: „Da fahre ich halt mit dem E-Auto zur Arbeit oder zum Einkaufen, das ist ja auch nachhaltiger.“ Doch solche Menschen haben häufig noch nicht das wirkliche Problem, mit dem individuellen motorisierten Verkehr, verstanden. Sie sehen oder wollen nicht sehen, dass alle Autos viel Mikroplastik, in Form von Reifenabrieb, verursachen und darüber hinaus auch die Fertigung und der Betrieb der E-Autos die Welt und Leben zerstört. So werden momentan immer schwerere E-Autos gebaut und gekauft, die allein schon auf Grund ihres Gewichtes unnötig viel Energie und Rohstoffe benötigen. Energie, die für eine ausreichende Betriebsstrecke in einen unnötig großen und schweren Akku gespeichert werden muss. Für das Auto, sowie für seinen Akku werden dadurch auch unnötig viele Rohstoffe, die in der Natur abgebaut werden müssen, verwendet, wodurch große Landschaftsflächen zerstört und vergiftet werden. Darüber hinaus müssen für die Energiegewinnung, selbst wenn regenerativ, große Anlagen gebaut und Übertragungsinfrastruktur errichtet werden, die wiederum die Umwelt beeinflussen. Kommt dann noch ein Spaßvogel und meint, dass er ja unbedenklich mit dem E-Auto, dass mit Ökostrom geladen ist, rasen kann, da es ja umweltfreundlich sei, so hat er auch noch nicht verstanden, dass der Energieverbrauch überproportional mit zunehmender Geschwindigkeit, auf die zurückgelegte Strecke, steigt. So müssen wiederum für hochmotorisierte, schnelle E-Autos größere Akkus verbaut und mehr Energieerzeugungsfläche in Anspruch genommen werden.
Wie man an diesem Beispiel sieht, ist Bildung und Wissen essentiell dafür, überhaupt vollumfänglich die eigenen Auswirkungen auf die Welt zu sehen, zu verstehen und bewusste Entscheidungen zu treffen.

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Wie die Beispiele, die einige wenige unter vielen sind, zeigen, so bringen wir durch unsere tagtäglichen Entscheidungen unsere (Nicht-)Wertschätzung der Welt und des Lebens zum Ausdruck. Selbst viele Menschen, die „Fridays for Future“ oder andere Umwelt und Naturschutzorganisationen und Projekte unterstützen, strafen durch ihr tagtägliches Verhalten ihre Worte und Forderungen lügen. Sie drücken durch ihr Verhalten eben aus, dass ihre Wertschätzung doch woanders als beim Klimaschutz und dem Erhalt der Welt und des Lebens liegt. Sie drücken es unter anderem dadurch aus, dass sie immer noch häufig stark verpacktes Fast Food essen, im Urlaub zu „Lustreisen“ mit dem Flugzeug aufbrechen, anstatt einfach häufiger selbst zu kochen, sich Essen in „Brotdosen“ mitzunehmen oder gar im Urlaub eine „Müll-Sammel-Wanderung“ zu unternehmen. Spricht man einige auf diesen Missstand an, so hört man häufig Ausflüchte, wie, dass das eigene Verhalten ja nicht ausschlaggebend sei. Man hört, dass die Schuld bei den großen Firmen und der Politik läge, die entweder selbst Umweltsünder sein oder ebendiese schützen und unterstützen. Sie machen sich selbst klein und unterschätzen die Auswirkungen, die jeder einzelne von ihnen haben kann, indem er bewusst entscheidet, wofür er seine Zeit, Aufmerksamkeit und sein Geld aufwendet.

Manch einmal habe ich gar den Eindruck, dass viele Menschen in einer Lethargie des Konsums gefangen sind. In einer Lethargie, die sie ihre Zeit, ihre Aufmerksamkeit und ihr Geld für unnötige Konsumgüter und den Konsum von seichter Unterhaltung aufwenden lässt, anstatt sich selbst weiterzubilden, nachhaltige langlebige Produkte zu kaufen und aktiv etwas für den Umweltschutz zu tun, anstatt nur Forderungen an andere zu richten.
Ja, manch einmal habe ich den Eindruck, dass viele Menschen gar nicht wissen oder wissen wollen, welche Auswirkung ihr Lebensstil auf die Welt und andere Lebewesen hat, denn andere zu beschuldigen ist der einfachere und bequemere Weg, auf dem man sich selbst und seinen Konsum nicht hinterfragen muss.

Doch, jetzt noch einmal zum Schluss, zurück zu der Ausgangsfrage. Zu der Frage, was der Wert des Lebens und der Welt ist. Der Wert ist das, was wir bereit sind, an unseren Ressourcen, sei es Zeit, Aufmerksamkeit oder Geld, für eben die Welt und das Leben, sowie deren Erhalt, aufzuwenden. Es sind unsere Entscheidungen für oder gegen Produkte und Verhaltensweisen, mit denen wir die Zerstörung der Welt und Leben, obwohl es nachhaltigere Alternativen oder gar den einfachen Verzicht gibt, unterstützen. Solange ein Großteil von uns Menschen, seine Zeit, Aufmerksamkeit und Geld lieber für Produkte und Dinge aufwendet, für die die Welt und Leben zerstört werden, muss ich leider sagen, dass für uns die Welt, im kapitalistischen Sinne, einen geringen Wert hat.

Wobei, nicht nur im kapitalistischen Sinne, sondern generell, denn sonst würden wir anders handeln und leben.

Published inAllgemein

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