Zum Inhalt springen

Der Weg in eine bessere Zukunft?

Geschätzte Lesezeit: 24 Minuten

Es brodelt in unserem Land. Es brodelt und das nicht gerade leicht. Es ist nicht nur ein Sturm im Wasserglas, nein, ein hausgemachter Orkan fegt durch das Land. Wobei, es ist nicht nur ein Orkan, sondern viele. Viele, die aneinander geraten und Schneisen der Verwüstung hinterlassen. Überall gehen Menschen auf die Straße und demonstrieren. Menschen, die eine Meinungsminderheit repräsentieren, wobei das ja nicht passé schlecht ist. Schlecht ist nur, dass mittlerweile die „Minderheiten“, die auf die Straße gehen, nicht wie einst, die moralische und ethische Wahrheit auf ihrer Seite haben, nein, meistens sind es einfach unzufriedene Menschen, die sich über etwas beschweren wollen. Aufgrund der „Demonstrationen der Unzufriedenen“ bekomme ich mehr und mehr den Eindruck, dass viele Menschen, nur noch auf Demonstrationen gehen, um ihrer persönlichen Unzufriedenheit Luft zu machen und andere dazu aufzufordern, etwas zu verändern, wobei die wenigstens sich selbst und ihre Leben hinterfragt oder ändern möchten. Nein, sich selbst hinterfragen und ändern wollen sich wahrlich die wenigsten, denn für viele von ihnen sind ja nur die anderen das Problem oder für die Probleme auf der Welt verantwortlich. So demonstrieren zwar einige wenige für eine gerechtere Welt und eine bessere Zukunft, aber andere dafür, dass alles so bleibt, wie es ist, egal, wie dann auch die Zukunft aussieht.

Ich lebe in dieser Gesellschaft, doch fühle ich mich ihr nicht zugehörig. Ich lebe in ihr und durchstreife sie und sehe eigentlich nur noch Konflikte. Ich sehe Unmut und bemerke auch, dass viele von den Demonstrierenden genau die Verhaltensweisen an den Tag legen, die sie an anderen kritisieren. Ich sehe, wie keine Argumente mehr zählen, sondern nur noch das eigene Weltbild und der eigene Weg. Ich höre die Menschen lauter und lauter schreien und die Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft immer weniger auf Argumente hören, sondern häufig nur noch auf die, die am lautesten schreien, auch wenn diese keine guten Argumente auf ihrer Seite haben. Manchmal, ja manchmal, habe ich gar den Eindruck, dass sich in unserer Demokratie nicht die Vernunft durchsetzt, sondern immer nur der oder die, die am lautesten schreien und die, die eventuell auch noch andere durch Worte oder Taten einschüchtern. Man meint gerade, dass viele Menschen die Auffassung vertreten, dass andere Menschen keine andere Meinung als die, der Fordernden vertreten dürfen, vor allem, wenn sie nicht deren persönlichen Interessen entsprechen. Sie sehen in jeder anderen Meinung, eine Beleidigung und das selbst dann, wenn die andern im Interesse der Gesellschaft, der Umwelt oder gar des Planeten argumentieren und handeln. Ich habe gar den Eindruck, dass viele Menschen die Meinung vertreten, dass man nur einmal im hier und jetzt lebt und schon allein deswegen das Recht hat, so gut, im Sinne von übermäßigem Konsum, zu leben, wie man es für richtig hält. Man gewinnt den Eindruck, dass sich viele Menschen bedenkenlos und um jeden Preis, das Recht, auf einen überbordenden Konsum, herausnehmen.
Durch dieses Verhalten vieler Menschen, habe ich mehr und mehr den Eindruck, dass verbale, sachliche Dispute und auf Argumenten basierende Diskussionen, in unserer Gesellschaft mehr und mehr verkannt werden, da viele Menschen zutiefst davon überzeugt sind, dass alleinig ihre Weltansicht, die richtige ist. So kommt es leider auch, dass die Menschen kaum noch Ironie und Satire erkennen oder auch nur erkennen wollen, sondern sich bei deren Benutzung gleich angegriffen oder beleidigt fühlen. Viele Menschen haben scheinbar die Einstellung, dass es anderen Personen nicht erlaubt ist, eine andere Meinung als die ihre zu vertreten oder gar konträre Argumente durch Überspitzung darzustellen. Durch Überspitzung, um den Irrsinn hinter manchen Forderungen zu zeigen und dadurch vielleicht die Argumente des anderen, der Lächerlichkeit preiszugeben. Wie kann es denn auch sein, dass andere den Weg, den man selbst für richtig hält, kritisieren, auch wenn das Fernziel vielleicht dasselbe ist?
Um es kurz zu machen, ich habe gar den Eindruck, dass wir Menschen verlernt haben, uns selbstreflektiert mit unserer (Um-)Welt auseinanderzusetzen. Wir habe verlernt gute Argumente zu suchen, sie vorzubringen und uns und unsere Argumente aneinander zu reiben. Wir haben verlernt uns mit Argumenten, die nicht unserem Weltbild entsprechen, selbstreflektierend auseinanderzusetzen.
Ich finde es gar erschreckend, wie sehr doch viele Menschen von ihrer Weltsicht eingenommen sind und sie mit Pseudo-Totschlagargumenten verteidigen, obwohl sie keine guten, in sich schlüssigen Argumente für ihre Weltsicht haben. So hört man Sätze wie „Das habe ich so gelernt!“, „Das war schon immer so!“ oder „Das ist nun einmal in unserem Land so!“ als Begründung für bestimmte Einstellungen und Überzeugungen. Die Menschen, die so argumentieren, vergessen oder verstehen nicht, dass solche Argumente, keine überzeugenden sind, da es, wenn man einfach nur nach dem „Bewahren des Alten“ geht, nie eine gesellschaftliche Veränderung oder gar einen gesellschaftlichen Fortschritt gäbe. Sie verstehen nicht, dass man alte Werte und Normen oder Handlungsweise immer und immer wieder hinterfragen muss und auch sollte, um zu überprüfen, ob sie noch zeitgemäß sind. Und ist das einzige, was einem zu einem Sachverhalt einfällt, das Argument, dass das schon immer so war, so ist das, was man versucht zu verteidigen, wahrscheinlich nicht mehr oder war es gar noch nie, zeitgemäß. Nicht zeitgemäß und man bezeugt durch dessen Verteidigung nur sein eigenes Unvermögen dafür, gute Argumente zu finden oder mit der Zeit zu gehen. Man zeigt, dass man nicht bereit ist, sich an eine sich ständig ändernde Welt anzupassen.

Aufgrund all dieser von mir beobachteten Sachverhalte habe ich leider auch mehr und mehr den Eindruck, dass in unserer Zeit immer seltener Demonstrationen abgehalten werden, die wirklich für einen gesellschaftlichen Fortschritt kämpfen. Stattdessen habe ich den Eindruck, dass Demonstrationen mehr und mehr einzig dem Zweck dienen, einen Status quo zu bewahren, obwohl er moralisch und ethisch nicht zu rechtfertigen ist. Oder, und das ist die andere Fraktion, anderen die Schuld für Missstände zu geben und Änderungen zu fordern, ohne dabei sich selbst und sein eigenes Leben zu hinterfragen.
So kommt es dann schließlich auch dazu, dass Demonstrationen mehr und mehr zu Demonstrationen der menschlichen Überheblichkeit und Ignoranz verkommen und sich in unserer Gesellschaft viel zu selten damit auseinandergesetzt wird, wie man gesellschaftlichen Fortschritt erreichen möchte und welcher Weg dahin der beste ist. Vielleicht ist es ja auch einmal dafür Zeit, in unserer Gesellschaft sich bewusst zu machen, wie man gute und nachhaltige Veränderungen erreicht, und wie man zivilisiert und mit guten Argumenten diskutiert? Oder kurz, wie man sich mit anderen Meinungen am besten auseinandersetzt. Doch vielleicht sollte ich zu meinen Beobachtungen noch ein persönliches Erlebnis schildern. Ein Erlebnis, das sich in den Weiten der virtuellen Welt ereignete. In der virtuellen Welt, in der sich heutzutage ein Großteil der Leben, von vielen von uns Menschen, abspielt.

Alles begann mit einem Beitrag, einer mir unbekannten Person, in einer Facebookgruppe, die sich mit dem vegan Leben und der veganen Lebensweise auseinandersetzt. Die betreffende Person postet dort eine Einladung zu einer Demonstration gegen einen Weihnachtszirkus, der gerade in ihrer Stadt gastierte. Doch, anstatt nur Zustimmung für ihre Idee zu ernten, erntete sie auch Kritik von einigen Menschen, die ihren Vorschlag für übertrieben hielten. An dieser Stelle machte die Person dann, aus meiner Sicht, einen unverständlichen Fehler, denn anstatt die Kritik einfach an sich abperlen zu lassen und weiter ihre ursprüngliche Idee zu verfolgen, hielt sie ihren Kritikern entgegen, dass es sich bei ihnen nur um Pseudo-Tierschützer handele und sie sie gefälligst nicht duzen sollten. Sie monierte, dass ihre Kritiker, so wie es im Internet eigentlich gang und gäbe war, sie in ihren Beiträgen duzten und unterstellte ihnen aufgrund dessen, dass sie ihr gegenüber „respektlos“ wären.
Diese Argumentation war dann auch der Punkt, an dem ich mich in die Diskussion einklinkte. Ich klinkte mich ein, da es mir zum einen nicht gefiel, dass sie Menschen, die ihre Meinung nicht teilten, nicht versuchte durch gute Argumente zu überzeugen, sondern stattdessen sie als „Pseudo-Tierschützer“ diffamierte und darüber hinaus ihnen Respektlosigkeit aufgrund der Benutzung des „du“ vorwarf. Sie warf ihnen Respektlosigkeit vor, wobei diese Menschen das „du“ sicherlich nicht bewusst nutzten, um ihr gegenüber respektlos zu sein.
Doch wie sollte ich meinen Kommentar gestalten? Ich entschied mich dafür, um die Auseinandersetzung nicht noch weiter zu eskalieren, spaßig aufzuzeigen, dass an einem „du“ nichts Schlimmes ist, da im englischsprachigen Raum auch nur „you“, was sowohl „du“ als auch „Sie“ heißen kann, verwendet wird. Ebenso brachte ich auch zum Ausdruck, dass es wichtigere Dinge gäbe, als sich über ein „du“ aufzuregen, nämlich die Menschen mit guten Argumenten zu überzeugen, womit ich auch zum Ausdruck bringen wollte, dass sich die betreffende Person lieber auf ihr Hauptanliegen konzentrieren sollte, anstatt auf Nebenschauplätzen ihre Zeit zu verschwenden. Doch die adressierte Person verstand den Hinweis nicht und monierte, dass wir eben in Deutschland wären und es sich eben in „Deutschland“ gehöre, das „Sie“ zu benutzen.
Ich muss zugeben, als ich das las, war ich böse. Ich war böse, da ich das Denken in Landesgrenzen nicht mehr zeitgemäß finde und man die meisten Probleme unserer Zeit nur global lösen kann. Und so schrieb ich erneut einen Kommentar unter ihren Beitrag. In dem Beitrag brachte ich zum Ausdruck, dass ich ihr beharren auf dem „Sie“ und das Aufregen über das „du“ „kleinkariert“ finde, da ich dächte, dass es wirklich wichtigere Dinge gäbe, für die man seine Zeit aufwenden sollte.
An diesen einführenden Satz anschließend schrieb ich, dass wir uns ja trotzdem mal auf der Sachebene, mit ihren Argumenten auseinandersetzten könnten. So schrieb ich, dass die betreffende Person, wenn auch indirekt, die Behauptung aufstellte, dass nur Menschen, die wie sie dächten und handelten „richtige Veganer“ sein und fragte sie, woher sie diese Überzeugung nähme. Im Anschluss an diese Frage führte ich aus, dass Menschen sich aus den verschiedensten Gründen dafür entscheiden, sich vegan zu ernähren und / oder vegan zu leben. Ich legte dar, dass die Menschen für sich bestimmte Entscheidungen getroffen hätten, die sie zu dieser Überzeugung gelangen ließen und dass die Weite, mit der das „vegane“ bereits Einzug in ihre Leben gehalten habe, eben unterschiedlich und bei manchen ein ständiger Prozess sei. Ein Prozess, den man argumentativ begleiten sollte, anstatt die Menschen zu beleidigen und dadurch abzustoßen. Ich erklärte, dass man meiner Meinung nach, häufig mehr erreicht, wenn man mit den Menschen spricht und ihnen Tag für Tag vorlebt, dass eine vegane Lebensweise besser und nachhaltiger ist, als einfach nur Demonstrationen abzuhalten und den Menschen mit Beschuldigungen und Anklagen vor den Kopf zu stoßen.
Mit diesen Ausführungen schloss ich meinen ersten Argumentationspunkt ab und wendete mich meinem zweiten zu. Dem zweiten Punkt, der mir besonders am Herzen lag. Der Punkt, dass die betreffende Person im Internet, in einer öffentlichen Gruppe, unbedingt gesiezt werden wollte und das damit begründete, dass wir in Deutschland lebten. In Deutschland, einem Land, das maßgeblich zwei Weltkriege mit verursacht hatte. Deutschland, in dem Rassismus zum alltäglichen Gesellschaftsbild gehörte. Deutschland, das seinen Wohlstand seit Jahrzehnten darauf aufbaut, Ressourcen, Umwelt und Menschen in anderen Ländern auszubeuten und über jeglichen nachhaltigen Verhältnissen zu leben. Also in Deutschland, einem Land, mit dem mich eigentlich nichts verband, als dass ich in ihm geboren wurde.
Aufgrund dieser, meiner Sicht, schrieb ich ihr auch, dass ich ihr beharren darauf, mit „Sie“ angesprochen zu werden, anstatt mit „du“, als problematisches „Kleinstaatendenken“ sähe, da ich mich primär als Weltbürger und an zweiter Stelle als Europäer verstünde. Ich sähe mich als Weltbürger, da man die Probleme unserer Zeit, nicht mit „Kleinstaatendenken“ lösen könne.
Doch damit nicht genug. Ich brachte auch zum Ausdruck, dass sich, solange es schon Menschen gibt, die sozialen Umgangsformen im Wandel befunden hätten und immer noch befinden. Einem Wandel, der seinen Ursprung in der sozialen und technischen Entwicklung der Menschen hat. Ich führte aus, dass wir eben durch diesen Fortschritt, langsam das Patriarchat überwinden würden, dass wir anerkannten, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt und dass uns auch bewusst wird, dass das generische Maskulinum, was so allgegenwärtig in der deutschen Sprache ist, eben auch falsch ist, da durch dessen Benutzung eine ganze Bevölkerungsgruppe, nämlich die Frauen, unsichtbar gemacht würde.
An diese Ausführungen anschließend, kam ich dann auf die „Sie“-Form, zurück. Auf die „Sie“-Form, auf der die betreffende Person so sehr beharrte, und schrieb, dass diese „Sie“-Form eben so, wie die anderen von mir erwähnten Punkte, zumindest im Internet, ein Relikt vergangener Tage sei, da es schon seit über einem Jahrzehnt in Chats und Foren gang und gäbe ist, sich zu duzen. Sich zu duzen, da das Distanz abbaut und man dadurch intensiver, auf einer persönlicheren Ebene, diskutieren und sich austauschen könnte.
Schließlich schloss ich meine Antwort damit, dass die betreffende Person ja gerne das „Sie“ weiter verwenden könne, wenn ihr das „du“ nicht gefalle, denn schließlich sei es ihr gutes Recht. Doch formulierte ich auch die Bedingung, dass sie, wenn sie das täte, dann aber auch versuchen sollte, die Menschen argumentativ, anstatt mit Belehrungen, von der „Sie“-Nutzung zu überzeugen. Sie sollte Argumentativ tätig werden und hätte das „Sie“ noch seine Berechtigung, so würden ihr die anderen Menschen zuhören und das „Sie“ wieder für sich adaptieren. Doch hätte es seine Berechtigung in der heutigen Zeit, wenn auch nur im Internet, verloren, so würde das „Sie“ früher oder später gänzlich verschwinden, egal ob es ihr passt oder nicht. Der von mir adressierten Person versuchte ich an dieser Stelle auch darzulegen, dass eben Gesellschaft, Sprache und Normen sich im ständigen Wandel befinden und dass das, was breite gesellschaftliche Anerkennung findet, sich durchsetzt und es dabei jeden frei stünde, sich argumentativ an diesem Wandel zu beteiligen.

Diesen Kommentar geschrieben, dachte ich, dass das Thema eigentlich erledigt ist, doch ich irrte mich. Ich irrte mich, denn die betreffende Person schrieb zurück, dass ich doch auch nur ein „Pseudo-Tierschützer“ sei und die „Ausbeutung von Tieren in Zirkussen“ verteidigte. Ferner setzte sie meine Aussage, dass man heutzutage mit „kleinstaatlichen“ Denken keine Probleme mehr löst, damit gleich, dass ich sie in die „rechte Ecke“ stellte. Doch damit noch nicht genug, sie verteidigte auch noch ihr bestehen auf dem „Sie“ damit, dass sie eben so erzogen worden sei. Und eben, weil sie so erzogen worden sei, besteht sie auf dem Respekt, der sich aus dem gesiezt werden, für sie ergibt.
Ich muss gestehen, gegenüber mir hätte sie fast keine schlimmere Begründung für ihre Überzeugung bringen können, als dass sie eben so „erzogen“ worden sei. Macht man nämlich immer nur das, zu dem man erzogen wurde, findet kein gesellschaftlicher Fortschritt statt. Erziehung ist meiner Meinung nach dazu da, den Kindern die notwendigen Werkzeuge an die Hand zu geben, durch deren Benutzung sie im erwachsenen Leben aufgeklärte Menschen sein können. Menschen, die selbst über ihre Leben und Verhaltensweisen reflektieren und gegebenenfalls über alte Moralvorstellungen sinnieren, um sie anschließend hinter sich lassen, wenn sie ihre Berechtigung verloren haben. So wie wir bereits viele feudalistische, faschistische und zum Teil auch die patriarchalischen Moralvorstellungen hinterfragten und abstreiften, eben weil sie nicht mehr zeitgemäß sind und eigentlich niemals waren. Wir ließen sie hinter uns, da wir über sie reflektierten und nicht mehr mit ihnen einverstanden waren. Eben durch das aufklärerische Denken, ließen wir die „falsche Erziehung“, die Jahrhunderte vorherrschte, hinter uns.

Das Unverständnis für die Begründungen und Anschuldigungen durch die betreffende Person ließen mich noch einmal einen längeren Kommentar schreiben. Einen Kommentar, in dem ich verschiedene Dinge zum Ausdruck brachte, die mich an ihrer Argumentation und ihrem Verhalten störten.
Das Erste, das ich in meinem Kommentar adressierte, war, dass sie scheinbar meinte, sich in einer „Tierschutzgruppe“ zu befinden. Diese Annahme betreffend, wies ich sie darauf hin, dass es in der Gruppenbeschreibung heißt „Offene Gruppe … für alle an der veganen Lebensweise Interessierten.“ und dass aus der Beschreibung ja bereits hervorginge, dass nicht alle in der Gruppe vegan sind, sondern teilweise nur ein Interesse an dem Thema hätten und vielleicht ihren Horizont erweitern wollten.
Als Zweites brachte ich noch einmal deutlich zum Ausdruck, dass ich weder mit einem Wort das Halten von Tieren in Zirkussen gerechtfertigt hatte, noch dass ich das Halten von Tieren zur „Unterhaltung“ gerechtfertigt fände und das auch nirgendwo geschrieben habe. Ich wies sie aber darauf hin, dass ich schrieb, dass es nicht unbedingt hilfreich sei, wenn man andere Menschen von etwas überzeugen möchte, ihnen mit Beleidigungen oder verbalen Angriffen vor den Kopf zu stoßen. Ich wies sie auch darauf hin, dass einige, auch wenn sie gegen die Tierhaltung in Zirkussen sein, das Demonstrieren übertrieben finden und eher andere, bessere Wege sähen. Sie sähen andere Wege, etwas zu ändern und das selbst in einer „veganen“ Facebookgruppe. Ich teilte ihr darüber hinaus auch mit, dass ihr Kommentar: „Was für Mimimi-Leute es hier gibt…. unglaublich dass solche angeeeebliiich für Tierrechte einstehen.“, nicht gerade dazu geeignet ist, ebendiese Menschen zu erreichen, da man Menschen nicht durch verbale Angriffe überzeugt, sondern nur durch gute Argumente.
An dieser Stelle teilte ich ihr auch mit, dass es immer besser ist, andere Menschen durch gute Argumente von der Falschheit einer Handlungsweise, wie etwa dem ins Zirkusgehen, in dem noch Tiere zur Unterhaltung gehalten werden, zu überzeugen, anstatt durch Demonstrationen und Beleidigungen. Beleidigungen, die bei den Adressaten leicht Trotzreaktionen hervorrufen können, so dass sie genau das machen, was man eigentlich nicht möchte. Klärt man im Gegensatz dazu die Leute mit guten Argumenten darüber auf, dass eine ihrer Verhaltensweisen, die auf Konsum basiert, falsch ist, werden sie vielleicht eher bereit sein, die angebotene Dienstleistung oder die Ware, nicht mehr nachzufragen. Bricht dann die Nachfrage weg, muss der Anbieter der Ware oder Dienstleistung, also im besagten Fall der Zirkus, sich umstellen und etwas anderes anbieten, was die Menschen akzeptieren, wenn er nicht pleitegehen möchte.
Als ein Beispiel für das Trotzverhalten, das viele Menschen an den Tag legen, wenn man sie verbal angreift, erwähnte ich das „du“ und das „Sie“, über das sich die von mir adressierte Person so sehr aufregte. Ich schrieb, dass gerade, weil sie sich über das „du“ aufregte und nur mit „fehlenden Respekt“ argumentierte, die anderen Menschen weiter das „du“ benutzten. Bei dieser Gelegenheit erwähnte ich auch, dass sie vielleicht anstatt mit „fehlenden Respekt“ zu argumentieren, einfach geschrieben hätte: „Können wir uns bitte in der Unterhaltung siezen, da das eine sachliche, anstatt einer persönlichen Diskussion erlaubt.“ In diesem Fall hätten die anderen Beteiligten nämlich vielleicht eher Bereitschaft gezeigt, sie zu siezen, da das Argument nachvollziehbar ist. Weiterhin führte ich aus, dass der Vorwurf der „Respektlosigkeit“ heutzutage, für viele, vor allem im Internet, nicht nachvollziehbar ist, da die Verwendung von „du“ einfach als normal betrachtet wird und eigentlich nicht von Menschen bewusst aus „Respektlosigkeit“ verwendet wird.
An dieser Stelle kam ich dann in meiner Antwort, zu meinem dritten Punkt, den ich adressieren wollte. Dem Punkt, des „kleinstaatlichen Denkens“ und der Erziehung. So führte ich erst einmal aus, dass ich in meinem vorangegangenen Kommentar nicht geschrieben hätte „mit ihrem kleinstaatlichen Denken“, sondern: „mit dem kleinstaatlichen Denken“, was für mich eine Generalisierung darstellte und dass ich vielleicht mit der Aussage, auch wenn ich das nicht beabsichtigte, bei ihr einen wunden Punkt getroffen habe. Einen wunden Punkt, denn warum sonst sollte sie sich durch diese Formulierung so stark angegriffen fühlen?
Ich muss zugeben, dass mich dann, an dieser Stelle meiner Antwort, plötzlich mein Humor übermannte und ich schrieb: „Aber gut, denn was das, ‚wir leben hier in Deutschland‘ betrifft, so findet unsere Kommunikation gerade im www (world wide web oder nach Mark-Uwe Kling ‚Weltweite Werbung‘), auf der Webseite eines amerikanischen Unternehmens statt, wobei die Daten und diese Nachrichten irgendwo auf der Welt, und nicht unbedingt in Deutschland, gespeichert werden.“ Ich muss zugeben, dass diesen Spaß von mir, sicherlich kaum jemand verstand, aber sei es drum. An dieser Stelle wand ich mich auch noch einmal dem „you“, aus meinem ersten Kommentar, zu und schrieb an die von mir adressierte Person folgende Sätze: „Setzten Sie sich auch mit Meinungen und Texten von nicht deutschstämmigen Menschen auseinander? Wenn ja, sollte ihnen aufgefallen sein, dass diese auch häufig das ‚du‘ verwenden, ohne es respektlos zu meinen, einfach, weil ihnen schwerfällt, das abstrakte, in ihrer Sprache nicht geläufige, ‚Sie‘ zu benutzen.“ Diese Sätze schrieb ich, da ich persönlich schon diese Erfahrung gemacht hatte und ich es wirklich kleinlich finde, auf der Anrede „du“ so herumzureiten, wie es die von mir adressierte Person tat.
Nach diesem dritten Punkt in meinem Antwortkommentar kam ich schließlich zu dem vierten und letzten Punkt, den ich adressieren wollte. Dem Punkt, mit der Erziehung, auf den sich die von mir adressierte Person in Bezug auf die Benutzung der Anrede „Sie“ berief. Diesen Punkt betreffend schrieb ich: „Sie meinen, dass Ihnen das ‚Sie‘ wichtig ist, da es ein alter Wert sei und Sie so erzogen worden sein. Nun ist es aber auch so, dass viele Menschen in der Sicht erzogen wurden, dass es ‚normal‘ ist, Tiere zu essen und für das eigene Vergnügen zu benutzen. Viele Menschen in unserer Gesellschaft wurden dahingehend erzogen, dass es von Status und Wollstand kündet, einen guten von Tieren stammenden ‚Sonntagsbraten‘ zu haben. Dieses Verhalten, das auf Erziehung beruht, kritisieren Sie jetzt und wollen es ändern, da es in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr hat, womit ich mit Ihnen einer Meinung bin. Doch gleichzeitig möchten Sie nicht ihre eigene Erziehung und ihre ‚alten Werte‘ hinterfragen? Veränderungen auf der Welt erreicht man nicht, indem man anderen immer und immer wieder seine Wertvorstellungen aufdrücken möchte, sondern dadurch, dass man sachlich argumentiert und auch über sich selbst reflektiert. Dabei ist es auch meist so, dass denen, die sich auf Vergangenes berufen und argumentieren, dass es schon immer so war, einfach gute Argumente für ihre Standpunkte fehlen. Und genau das, bemerkt man auch bei den Menschen, die tierische Produkte konsumieren und dieses Verhalten versuchen zu rechtfertigen.“
Diesen letzten Punkt geschrieben, schickte ich meinen Kommentar ab und ging meinem normalen Tageswerk nach.

Als ich etwa zwölf Stunden später wieder online ging, waren plötzlich der ursprüngliche Beitrag, der von mir adressierten Person, sowie alle Kommentare zu ihm, in der „veganen Facebookgruppe“ nicht mehr zu finden. Sie waren wahrscheinlich gelöscht worden. Gelöscht, entweder von der von mir adressierten Person oder von einem der Gruppenadministratoren. Gelöscht und aus dem Internet getilgt, wobei es doch, zumindest in meinen Augen, eigentlich ein interessanter Austausch darüber war, wie man vorgehen sollte, wenn man etwas ändern möchte und dass man dabei nicht unbedingt auf „alten Moralvorstellungen“ beharren sollte, nur weil man sie einst lernte.

Als ich feststellte, dass der Kommentar nicht mehr online war, dachte ich, dass sich das Thema damit erledigt hat, doch ich irrte mich. Die Tage vergingen und fünf Tage später zeigte mir Facebook plötzlich an, dass mir eine Person, die nicht in Facebook mit mir befreundet war, geschrieben hatte. Als ich auf die Nachrichtenanzeige klickte, stellte ich fest, dass die Person, die mir schrieb, der Mensch war, mit dem ich die Diskussion in der Facebook-Gruppe geführt hatte. Wie mir darüber hinaus der Zeitstempel der Nachrichten verriet, so waren sie mir bereits an dem Tag geschickt worden, an dem unsere Diskussion in der Facebook-Gruppe mutmaßlich gelöscht wurde.
Bei den Nachrichten, die mir der betroffene Mensch schickte, handelte es sich um neun Sprachnachrichten, die zwischen acht Sekunden und einer Minute lang waren. Als ich die ganzen Sprachnachrichten sah, fragte ich mich, ob ich sie mir wirklich anhören oder doch lieber gleich löschen sollte. Schlussendlich siegte meine Neugier und ich hörte mir die Nachrichten, eine nach der anderen, an.

Die erste Sprachnachricht war dreißig Sekunden lang. Dreißig Sekunden, in denen mir die mich adressierende Person mitteilte, dass ihr das Schreiben in der Gruppe „auf den Sack“ ginge und sie mir deswegen jetzt persönlich ihre Antwort in Form von Sprachnachrichten zukommen ließe. Ferner erwähnte sie, dass es sie ärgere, dass andere in der Gruppe, die Tierhaltung in Zirkussen verteidigten. Sie brachte aber auch zum Ausdruck, dass ich die Ausbeutung der Tiere mit keinem Wort verteidigt habe.
Die zweite Sprachnachricht war sechzig Sekunden lang. In ihr teilte mir die Person mit, dass sie mit Bildern vor einem Zirkus zu demonstrieren, als ein adäquates Mittel betrachtete, um auf den Missstand der Tierausbeutung, in Zirkussen, aufmerksam zu machen. Doch nicht nur das, sie brachte auch zum Ausdruck, dass die andern Leute angefangen hätten, sich unsäglich zu verhalten, indem sie versuchten, die Tierhaltung in Zirkussen zu rechtfertigen oder eben eine Demonstration als übertrieben ansähen. Ferner brachte sie in dieser Nachricht zum Ausdruck, dass sich die Menschen in einer „veganen Gruppe“, in der sich für das Vermeiden von Tierleid einsetzt wird, mit ihren persönlichen Meinungen zurückhalten sollten, wenn sie mit ihrer Meinung nicht einverstanden wären und dass sich Menschen, die sich nur für eine vegane Lebensweise interessierten, ohne selbst vegan zu sein, ihre Informationen in anderen Gruppen suchen sollten.
Die dritte Sprachnachricht war neununddreißig Sekunden lang. In ihr teilte mir die Person mit, dass sie ein „straighter Veganer“ sei und sich und ihre Meinung in der Facebookgruppe nicht ernst genommen fühlte und dass die Ausbeutung von Tieren, besonders an Weihnachten, einfach unerträglich sei.
Die vierte Sprachnachricht war acht Sekunden lang. In ihr brachte die Person noch einmal mit Nachdruck zum Ausdruck, dass die anderen Personen ihr und ihrer Meinung gegenüber einfach keinen Respekt gezeigt hätten.
Die fünfte Sprachnachricht war siebzehn Sekunden lang. In diesen siebzehn Sekunden teilte mir die besagte Person mit, dass sie es schade fände, dass Menschen wie mir, dass „Sie“ nicht mehr gebräuchlich wäre, aber dass scheinbar die Gesellschaft nicht mehr so höflich wie früher sei.
Ihre sechste Sprachnachricht war fünfundzwanzig Sekunden lang. In ihr teilte sie mir mit, dass sie niemanden ihre Wertvorstellungen aufrücken wolle und dass es ihr egal sei, wenn die Leute nicht demonstrieren wollten. Sie meinte, dass ihre Einladung zur Demonstration nur ein Vorschlag gewesen sei, sich für die Tiere zu engagieren. Ferner brachte sie auch zum Ausdruck, dass sich die Leute, besonders in einer veganen Gruppe, genauso wie sie engagieren sollten, um etwas zu verändern. Nur um sarkastisch nachzuschieben, dass, wenn sie es eben nicht täten, die Tiere halt weiter litten.
Die siebte Sprachnachricht war sechsunddreißig Sekunden lang. In dieser Nachricht teilte mir die mich adressierende Person mit, dass ihr die ganze Auseinandersetzung zu viel würde und sie nicht länger „negative Energie“ tanken wolle. Sie meinte, dass auch das der Grund dafür sei, dass sie den Beitrag in der Facebookgruppe gelöscht und ebendiese Gruppe verlassen habe. Weiterhin brachte sie in der Nachricht zum Ausdruck, dass das ihre Antworten gewesen sei und dass ich ihr ja auf diese antworten könne, wobei es ihr lieber wäre, wenn ich das nicht täte.
Die achte Sprachnachricht war sechzig Sekunden lang. In diesen sechzig Sekunden teilte mir die Person mit, dass sie mein Beispiel mit dem „You“, aus der englischen Sprache, einfach unpassend fände, genauso, wie sie „angeranzt“ und darüber hinaus auch noch „geduzt“ würde. Sie würde geduzt, gerade so, als würden sie die ganzen Leute schon länger persönlich kennen. Doch nicht nur das, sie brachte auch noch zum Ausdruck, dass ihr eben die „alten Werte“, besonders das „Sie“, gefallen und dass sie es nicht einsieht, sich einer Gesellschaft anzupassen, die ihr sowieso „zum Hals raushängt“. Sie sagt, dass sie Deutschland und die Mentalität „hasse“ und dass sie ganz und gar nicht wie all die anderen Deutschen sei.
Schließlich kam ihre neunte und damit letzte Sprachnachricht. Diese Sprachnachricht war einunddreißig Sekunden lang. In ihr teilte mir die mich adressierende Person mit, dass ihr gerade vor allem „richtig auf den Sack“ ginge, wie hier in Deutschland nach geimpft oder ungeimpft unterschieden würde, „so als ob hier jemand etwas Besseres wäre, nur weil er eine scheiß Spritze in den Arm bekommen hat, an der er sowieso früher oder später wahrscheinlich stirbt.“ Nur um noch nachzuschieben: „Weil jede Impfung hat auch etwas Schlechtes und das weiß ich, denn ich bin die Tochter eines Arztes und keine Verschwörungstheoretikerin, oder so.“

Nach all diesen Sprachnachrichten überlegte ich eine ganze Weile, ob ich antworten sollte. Sollte ich weiter versuchen eine Diskussion mit dieser Person zu führen oder einfach alles, wie es zu diesem Zeitpunkt war, auf sich beruhen lassen? Nein, einfach alles auf sich beruhen lassen konnte ich nicht und so wollte ich doch noch einmal versuchen, die betreffende Person in ihrer Gedankenblase zu erreichen. Ich wollte noch einmal versuchen, die betreffende Person mit sachlichen Argumenten zum Selbstreflektieren zu bringen.
In dieser Absicht setzte ich mich dann auch noch einmal an meinen Computer und schrieb ihr eine Antwort auf ihre Sprachnachrichten.

Meine Nachricht begann ich damit, dass ich mich dafür entschuldigte, dass ich jetzt erst antwortete, da mir Facebook ihre Sprachnachrichten gerade erst anzeigte habe, was wahrscheinlich daran läge, dass mein Standardchatprogramm die Nachrichten von Personen, mit den ich noch nicht „virtuell befreundet“ bin, ausblendet und ich aufgrund dessen ihre Nachrichten nur zufällig gesehen hätte. Ich entschuldigte mich auch dafür, dass ich ihr antwortete, obwohl sie es nicht unbedingt wollte, doch ich eine Antwort einfach als nötig erachtete.
Daran anschließend teilte ich meine Antwort in drei Punkte ein. Drei Strichpunkte, in denen ich jeweils einen ihrer Punkte adressieren wollte. Als Erstes adressierte ich dabei den Punkt „Sie“ und „Du“ und fügte in meine Antwort einen Weblink zu dem Artikel „Sie oder Du? Höflichkeitsformen im Internet“ auf der Webseite www.platinnetz.de ein und verwies sie auf den Abschnitt „Foren und Chatbeiträge“, indem genau dargelegt wurde, dass das du in Chats und Foren nicht unhöflich sei.
In meinen zweiten Punkt brachte ich zum Ausdruck, dass mein primäres Anliegen gewesen sei, aufzuzeigen, dass es nicht zuträglich ist, sich aus der „Reserve locken zu lassen“, sondern dass man seine Meinung haben und auch dafür werben darf, aber man sich dabei nicht über „Kleinigkeiten“ oder andere aufregen sollte. Ich schrieb, dass man immer nach guten Argumenten suchen und diese vorbringen sollte. An dieser Stelle schrieb ich auch: „Dazu gibt es auch ein schönes Lied von den Ärzten, das ich Ihnen ans Herz legen möchte: ‚Lass redn‘.“
Der dritte Punkt, den ich adressierte, war ihre Aussage zu Impfungen. Diesen Punkt betreffen verwies ich zuerst auf den Artikel „Die Ausrottung der Pocken“ auf der Webseite von www.spektrum.de, in dem aufgezeigt wird, wie man die Pocken durch eine Impfung und ihre weltweite Durchführung ausrotten konnte. Ferner brachte ich zum Ausdruck, dass ich mich bei wissenschaftlichen Diskussionen lieber am wissenschaftlichen Konsens orientierte, anstatt an Einzelmeinungen. Ich schrieb, dass mein Grund dafür sei, dass sich bei vielen Dingen früher oder später ein wissenschaftlicher Konsens einstellt, der evidenzbasierend ist und meistens, die Sachlage im Moment zutreffend darstellt, wobei es durch den wissenschaftlichen Fortschritt zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht auch mal zu einer Erweiterung oder gar einer Änderung der gängigen Meinung kommen kann. An dieser Stelle brachte ich auch zum Ausdruck, dass es ja immer noch Wissenschaftler gibt, die behaupten, dass der aktuelle Klimawandel nicht menschengemacht sei, obwohl es dafür mittlerweile ausreichende wissenschaftliche Evidenz gibt und man, wie man an diesem Beispiel sehen kann, nur lange genug suchen muss, um jemanden zu finden, der die gleiche Meinung wie man selbst vertritt, auch wenn diese dem wissenschaftlichen Konsens und der wissenschaftlichen Evidenz widerspricht.
Meine Antwort beendete ich schließlich damit, dass ich schrieb, dass ich ihr von Herzen, viel Spaß auf ihren weiteren Lebensweg wünsche und sie von mir aus tun und lassen könne, was sie wolle. Von mir aus könne sie auch gerne mit Demonstrationen für ihre Überzeugung eintreten, doch bitte sollte sie dabei versuchen, die Menschen einfach „freundlich lächelnd“ mit guten Argumenten von ihrem Standpunkt zu überzeugen, anstatt mit Vorhaltungen, da diese in aller Regel nicht zu einer nachhaltigen Veränderung führten, sondern eher zu einer Trotzreaktion.

Die Antwort, die ich von der betreffenden Person auf meine Nachricht erhielt, war kurz und knapp:
„Ich glaube, Sie verstehen bis jetzt nicht, dass ich nicht anfing unangenehm zu werden.“

Ich muss zugeben, dass ich, als ich diese Nachricht las, etwas meine Kontenance verlor und aufgrund dessen erwiderte, dass ich das schon verstünde, aber dass man, wenn man Menschen überzeugen möchte, es egal ist, wer angefangen hat. Ich brachte zum Ausdruck, dass man, wenn einem die Meinung anderer nicht passt, man sie in solchen Fällen einfach freundlich an sich abperlen lassen sollte und es das gute Recht von anderen Menschen sei, nicht ihre Meinung zu teilen und das gegebenenfalls auch überspitzt darzustellen. Ich schrieb: „Mit den ‚kindischen Schuldzuweisungen‘, dass man selbst nicht anfing, kommt man bei Diskussionen nicht weit. Wenn einem die Reaktion von anderen nicht passt und man keine passenden Argumente gegen sie findet, sollte man sie einfach ignorieren und sich auf sein eigentliches Anliegen konzentrieren. Man hat ja gesehen, dass das Einlassen auf die Kritiken nur dazu führte, dass sich die potentiellen Adressaten ihres ursprünglichen Beitrags nicht mehr mit ihrem Anliegen befassten, sondern nur noch mit den ‚Nebenkriegsschauplätzen‘. Wobei Sie mit ihrem bestehen auf dem ‚Sie‘ noch einen zusätzlich aufgerissen haben, was an und für sich einfach unnötig und für ihr Anliegen kontraproduktiv war.“

Das war dann auch die letzte Nachricht in unserer Diskussion und ich fühlte mich unsäglich müde und erschöpft. Als ich diese letzte Nachricht geschrieben hatte, fragte ich mich, warum ich mir solche Auseinandersetzungen immer und immer wieder antat. Warum versuche ich immer noch, konstruktive Diskussionen zu führen, anstatt mir einfach eine Packung Popcorn zu nehmen und mich auf untersten Niveau unterhalten zulassen, wenn in den sozialen Medien mal wieder unter aller Sau diskutiert und sich angegangen wird? Warum versuche ich immer noch, die Menschen dazu zu bringen, konstruktiv und auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren? Warum möchte ich mich nicht damit abfinden, dass in den sozialen Medien hauptsächlich auf Stammtischniveau diskutiert wird?
Als ich so nachdenke, wird mir bewusst, dass ich das tue, um zu versuchen, zu einer sachlichen und freundlichen Diskussionskultur im Internet beizutragen. Ich tue es, um die Menschen dadurch dazu zu bringen, sich auf Augenhöhe auszutauschen. Ich möchte, dass sich die Menschen wieder gegenseitig wirklich zuzuhören, um schließlich die besten Ideen und Verhaltensweisen zu erkennen und zu adaptieren. Denn bei Diskussionen und den Wunsch nach einer nachhaltigeren Lebensweise auf unseren Planeten, geht es nicht nur um das Ziel, sondern auch um den Weg, den wir dahin nehmen.

Ja, der Weg, den man selbst wählt, während man durch sein Leben geht. Der Weg, für den man sachliche Argumente haben sollte, damit er nicht in die Irre führt. Der Weg, auf den man am Ende seines Lebens zurückblickt und sich fragt, ob es denn der richtige war.

Published inErzählungen

Diese Webseite verwendet nur technische Cookies, die zur Funktion der Webseite notwendig sind. Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du ihrer Verwendung zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen