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Warum Datenschutz und Datenvermeidung wichtig für eine aufgeklärte Gesellschaft sind

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Redet man in diesen Tagen mit den verschiedensten Menschen über Datenschutz, so erntet man meistens genervte Reaktionen. Die Menschen sind genervt, da sie sich im Moment, aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), aktiv mit Datenschutz auseinandersetzen müssen, und das für einige das erste Mal ist, dass sie sich mit diesem Thema aktiv beschäftigen müssen. Dabei ist Datenschutz wichtig und ich finde es gut, dass sich jetzt viele Menschen mal aktiv mit dem Thema Datenschutz auseinander setzen müssen. Der Grund dafür ist, dass ein Mensch meiner Meinung nach nur ein wirklich aufgeklärtes Leben führen kann, wenn er weiß wie seine Daten verwendet werden und wie Firmen und Staaten die Daten nutzen.

Doch vielleicht sollte ich das Thema Datenschutz und Datenvermeidung  betreffend etwas weiter ausholen. Vielleicht sollte ich mit dem Roman „1984“ von George Orwell, der 1949 veröffentlicht wurde, beginnen. Aus diesem Roman stammt die bekannte Ausdrucksweise „Big brother is watching you.“ Wobei der „große Bruder“ der Staat bzw. der Führungsapparat des Staates ist, der alle Bürger überwacht und überprüft, ob sie sich Linientreu verhalten. Die Überwachung der Bürger findet dabei allumfassend statt, so dass schon bei kleinsten Abweichungen vom „normalen“ Verhalten Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können, um diese Verhalten zu unterbinden. Darüber hinaus findet eine Manipulation der Bürger statt, indem sie durch Propaganda auf die politische Linie des Regierungsapparates eingeschworen werden.

Zieht man Parallelen von der Darstellung von Überwachung und Manipulation der Bürger, wie sie im Roman „1984“ vor fast sieben Jahrzehnten dargestellt wurde, zur heutigen Zeit, stellt man fest, dass sich die beschriebenen Schreckensszenarien bewahrheitet haben. Dabei herrscht in einigen Ländern der Staat mit Mitteln der totalen Überwachung, wie z.B. in China, wo die Menschen ein Punktekonto erhalten, auf das sie für Verhalten, was im Sinne der politischen Führung ist, Pluspunkte bekommen. Darüber hinaus erhalten sie Minuspunkte für Verhaltensweisen, die nicht im Sinne der politischen Führung sind. Der Punktestand, den die Menschen dann auf ihren „Punktekonto“ haben, hat direkte Auswirkungen, wie der Staat und die Unternehmen im Staat mit diesen Bürgern umgehen, so dass man bei einem niedrigen Punktestand schnell vom sozialen Leben ausgeschlossen und ins Abseits gedrängt wird. (Quelle: https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2017-11/china-social-credit-system-buergerbewertung) Darüber beschneidet die in China regierende Partei die Informationsfreiheit und hält ihre Bürger in einer Filterblase, in der die Bürger nur die Informationen sehen, die die „Partei“ für wichtig und nützlich hält. (Quelle: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/china/?L=0)
Im Gegensatz zu Ländern wie China haben in den „westlichen“ Ländern meistens private Firmen die Rolle des „big-brother“ innen und somit die Macht der totalen Überwachung. Sein es Betreiber sozialer Medien-Plattformen oder Handelsketten mit ihren Bonuspunktekarten, etc. Soziale Medien und Handelsketten versuchen zum einen mit Hilfe der gesammelten Informationen, einen dem „Konsumenten“ (In diesem Zusammenhang spreche ich von den Menschen bewusst nicht von Bürgern, sondern von Konsumenten, da i.d.R. das Ziel jeglicher kapitalistischen Firma ist, den Menschen zu mehr Konsum zu bewegen. Sei es der Konsum von Waren oder der Konsum von Informationen, die das Verhalten des Menschen in eine bestimmte Richtung lenken.) zu mehr Konsum zu bewegen oder sich ihrer zu bedienen um politische Interessen, die im Sinne der jeweiligen Firma sind, zu erreichen. Bei sozialen Medien nehmen die Betreiberfirmen dabei meistens billigend in kauf, das Menschen in Filterblasen leben. Filterblasen, in denen sie nur Informationen sehen, die ihren Überzeugungen entsprechen, oder deren Wahrnehmung im Interesse der Firma ist, damit diese Menschen zum Einem möglichst viel Zeit auf ihren Plattformen verbringen und Werbung konsumieren, mit denen die Plattformen i.d.R. ihr Geld verdienen oder damit sie sich zum Anderen für die Interessen der sozialen Plattform einsetzen. Die Firmen setzten dabei auf ein vermeintlich kostenloses Produkt, dass dem „Nutzer“ das Leben erleichtert, und auf das er „nicht verzichten kann“, wenn eine kritische Masse seiner Bekannten es auch benutzen, da er sonst den Kontakt zu ihnen verlöre bzw. das im Kontaktbleiben schwieriger würde. Doch das Produkt ist i.d.R. nicht kostenlos, denn der Nutzer zahlt mit seinen Daten und macht sich dadurch für Manipulationen angreifbar. Der Grund dafür ist, dass die Firmen bzw. die Algorithmen der Firma ihn als Kunden analysieren und ihn aufgrund der Analyse mit personalisierter Werbung zum Kauf von bestimmten Produkten verleiten möchten. Diese Firmen können den Nutzer aufgrund dieser Datenanalyse auch Informationen zeigen, die seine Ängste schüren und den Nutzer dadurch dazubringen, in bestimmten Situationen auf eine Art und Weise zu handeln, wie sie von der Plattform oder von deren Kunden/Geldgebern gewünscht ist.

Wie jedem klar sein müsste, kann eine Gesellschaft keine aufgeklärte Gesellschaft sein, wenn ihre Bürger vom Staat oder von Unternehmen manipuliert werden. Doch während es Bürgern in autoritären Ländern, in den der Staatsapparat die Informationen reguliert und manipuliert, schwer fallen kann, zur politischen Meinung konträre Informationen zu erhalten und sich einer Manipulation zu entziehen, da der Versuch teilweise mit großen Risiken verbunden ist, ist das i.d.R. für Bürger „westlicher“ Länder kein Problem. Das Problem der Bürger, der „westlichen“ Welt ist, dass sie ihre Bequemlichkeit aufgeben und ihr (Medien-)Konsumverhalten hinterfragen müssten. Sie müssten sich aufmachen und sich fragen, was die Unternehmen mit ihren Daten machen, und ob sie wirklich aufgrund von Bequemlichkeit, oder weil es „alle“ machen, anfällig für Manipulationen sein wollen? Ich möchte das auf jedem Fall nicht!
Ich möchte ein aufgeklärter Bürger sein, der ein Produkt kauft, weil er es wirklich braucht und nicht, weil ein Algorithmus es ihn vorgeschlagen hat. Ich möchte ein Bürger sein, der alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Pros und Kontras zu einem Thema kennt, um dann selbst eine fundierte Entscheidung zu treffen. Ich möchte kein Bürger sein, der immer nur eine Meinung kennt, da er in einer Filterblase lebt und aufgrund dessen glaubt, dass diese eine Meinung die richtige ist. Aus diesem und ähnlichen Gründ ist Datenschutz und die Kontrolle über die eigenen Daten wichtig.

Mit den obig geschrieben in Hinterkopf, kann man schließlich erste Maßnahmen treffen, um die Hoheit über seine Daten zumindest z.T. wieder zu erlangen. Der erste Schritte währe Dienste nicht oder zumindest mit angebrachter Skepsis zu benutzen, wenn sie einen fragwürdigen Umgang mit Daten pflegen. Für die meisten dieser Dienste gibt es dabei Alternativen, die entweder von Stiftungen oder von einer Community betreut werden, wobei z.T. OpenSource-Software zum Einsatz kommt, bei der man, wenn man über einen ausreichenden Kenntnisstand bzgl. der Programmiersprache verfügt, den Quellcode auf das Datennutzungsverhalten hin überprüfen kann.
Ein weiterer Schritt zum Datenschutz und Datenvermeidung ist, nichts online einzukaufen oder Kunden- oder Bonuskarten zu benutzen, sondern alles nur in Bar in lokalen Läden zu kaufen, da dabei i.d.R. keine Informationen bzgl. des persönlichen Konsumverhaltens an zentraler Stelle gespeichert werden und dadurch kein Konsumeprofil erstellt werden kann. Durch diese Verhaltensweisen gestaltet es sich für die Händler schwieriger, personalisierte Werbung zu schalten. Darüber hinaus sollte man, wenn man im Internet surft, nach Möglichkeit den digitalen Fingerabdruck minimieren, in dem man Cookies, Scripte, etc. im Browser deaktiviert und nur bei Bedarf für bestimmte Seiten zulässt. Dadurch kann man verhindern, dass einzelne Webseiten einen über mehrere andere Webseiten hinweg verfolgen, denn über die durch den Nutzer aufgerufenen Seiten kann die ursprüngliche Seite Rückschlüsse auf dessen Interessen ziehen und diese Informationen dann für personalisierte Werbung oder manipulative Informationen verwenden, die dem Nutzer beim nächsten Besuch der Webseite angezeigt werden. Darüber hinaus gibt es nach viele andere Möglichkeiten um für einen guten Datenschutz einzutreten und die Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu vermeiden oder zumindest zu erschweren. Doch alle Möglichkeiten aufzuzeigen würde diesen Beitrag sprengen und jeder, der sich dafür interessiert, findet diese Informationen im Internet, wenn er mal seine Filterblase verlässt.

Soviel zum Thema, warum Datenschutz und Datenvermeidung aus meiner Sicht wirklich wichtig für eine Gesellschaft und eine Voraussetzung für aufgeklärte Bürger sind. Sollte jetzt, nach dem Lesen dieses Beitrages, noch einer behaupten, dass Datenschutz und Datenvermeidung nicht wichtig sind, da er meint „Ich habe ja nichts zu verbergen“ muss ich sagen, dass aus ihm wahrscheinlich kein aufgeklärter Bürger mehr wird.

Published inKolumne