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Ich Erdling 19: Wo und wie möchten wir leben?

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Wo der Mensch lebt und wandelt, folgt ihm totes Land. Überall, wo er sich eine Heimat schafft, wird die Natur zurückgedrängt, bis sie verkümmert und vergeht. Selbst an Orten, die er noch nie betrat, findet man bereits seine Hinterlassenschaften. Es sind Hinterlassenschaften, die er fahrlässig in die Umwelt einbrachte und die, auch wenn es noch nicht soweit sein sollte, doch von Verderben und Tod kündigen.
Solange es den Menschen schon gibt, solange er schon sein Siegeszug über alle Kontinente antritt, solange folgt ihm schon das tote Land. Der Mensch sucht sich immer neue Orte, an denen er heimisch werden kann, doch dadurch, dass er sie findet, zerstört er sie. Der Grund dafür ist, dass der Mensch kein genügsames Wesen ist, das sich mit dem, was es hat, zufriedengibt. Nein, stattdessen möchte der Mensch nur allzu häufig mehr und mehr haben, wobei er die Konsequenzen seines Handelns nur allzu gerne ausblendet. Er versucht nur allzu häufig bequem und im materiellen Luxus zu leben. Ihm ist dabei egal, dass andere oder die Erde den Preis für seinen Lebensstil zahlen.

Glaubt man der Meinung vieler Philosophen, so ist der Mensch ein soziales Wesen, das sich in Gruppen niederlässt und Gemeinschaften bildet. Das mag zumindest stimmen, wenn man in der Geschichte zurückblickt, denn so bildeten sich und wuchsen über Jahrhunderte und Jahrtausende Dörfer und Städte, in denen das gesellschaftliche Leben aufblühte. Doch ist das nur eine Seite der Medaille, denn dort, wo Menschen zusammenleben kommt es häufig zu einer Separierung. Es kommt zu einer Spaltung der Gesellschaft in verschiedene Klassen. So bilden sich in vielen Gesellschaften „Klassen von Menschen“, von denen eine privilegierte Klasse über einer mittleren und einer unteren, einfachen Klasse steht. In den menschlichen Gemeinschaften kommt es dabei häufig dazu, dass die gesellschaftlich höher gestellten Klassen, sich auf Kosten der „unter ihnen stehenden Klassen“ bereichern, um nicht zu sagen, dass sie die unteren Klassen häufig ausbeuten. Diese Ausbeutung kann dabei bewusst oder unbewusst geschehen. Kurz gesagt, über viele Jahrhunderte und Jahrtausende, bis in die heutige Zeit hinein, bildeten in Städten und Dörfern lebende Menschen häufig nur eine Gemeinschaft, die aus Herrschern und Knechten bzw. Sklaven besteht. Diese Gemeinschaft mag über die Jahrhunderte und Jahrtausende ihre Form geändert haben, doch trotzdem sieht man diese Separierung in Klassen und die Unterschiede zwischen den „Klassen“ noch heute, wobei sich der Maßstab vielleicht vom Lokalen ins Globale verschoben hat.
Was die Stätten des menschlichen Lebens und der menschlichen Gemeinschaft betrifft, so schrumpften oder vergingen über Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte wieder einige von ihnen. Die Gründe dafür waren unter anderem Kriege, wirtschaftliche Faktoren und eine veränderte Umwelt. Doch auch wenn es heute noch Dörfer und Städte als Stätten der menschlichen Gemeinschaft gibt, so leben in ihnen doch viele Menschen allein und aneinander vorbei. So ist der moderne Mensch zwar immer und überall von anderen Menschen umgeben, aber nicht zwingend ein aktiver Teil der menschlichen Gemeinschaft. Der Mensch wird zu einem einsamen Wesen, dass sich versucht zu profilieren, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden, oder das mit der Zeit in eine zerstörerische Bequemlichkeit abrutscht, in der es nur noch sein Leben sieht. Ein Leben, das es zügellos genießen möchte, auch wenn es die Kosten dafür anderen Menschen oder der Natur aufbürdet.

Doch noch einmal zurück zu dem Werdegang des Menschen. Während der Mensch in seinen Anfangsjahren, relativ betrachtet, noch im Einklang mit der Natur lebte, da sie ihn ernährte und alles bot, was er zum Leben braucht, so wurde er über die Jahre und Generationen hinweg gierig und begann die Natur zu knechten. Er begann sich die Natur untertan zu machen. Er beutete sie schamlos aus, bis sie auslaugte und starb. Doch das störte den Menschen nur, wenn er nicht weiterziehen konnte, und er zusammen mit der Natur verging. Doch das war in der Regel nicht der Fall. Allzu häufig zog der Mensch einfach weiter und begann an einem anderen Ort die Natur zu knechten. Über die Jahrhunderte perfektionierte der Mensch dieses Verhalten, bis es keine Ausweichflächen mehr gab, da die Welt unter verschiedenen Staaten, mit unterschiedlichen Interessen, aufgeteilt war. Von den Staaten wollte natürlich jeder, dass seine Eliten am meisten vom weltlichen Wohlstand haben. Ich schreibe bewusst „seine Eliten“, denn nur allzu oft kam von dem Wohlstand, den ein Staat erwirtschaftete, bei der einfachen Bevölkerung nichts an. Doch damit nicht genug, gleichzeitig spürten die Ärmsten die Knechtschaft des Materialismus und des damit verbunden Kapitals, sowie die Auswirkungen der damit einhergehenden Natur- und Umweltzerstörung am stärksten.
Betrachtet man sich in diesem Kontext die Wirtschaftssysteme vieler Länder dieser Erde, so stellt man fest, dass in ihnen der Kapitalismus blüht und die Bevölkerung, Politiker und Ökonomen denken, dass alles in Ordnung ist, solange die Wirtschaft wächst. Das Wirtschaftswachstum ist dabei das Maß der Dinge, wobei eigentlich jedem bewusst sein müsste, dass es grenzenloses Wachstum, bei endlichen Ressourcen, nicht geben kann. Doch dieser Aspekt wird häufig ausgeblendet und so wächst die Wirtschaft auf Kosten der Umwelt. Da der Kapitalismus dabei mit einer Philosophie des „Geiz ist geil“ und einer Philosophie der Maximierung der Firmengewinne, um (fast) jeden Preis, einhergeht, produziert die Wirtschaft möglichst billig und unter fragwürdigen Bedingungen, um ihre Produkte zu geringen Preisen anzubieten und trotzdem noch horrende Gewinne zu erzielen. Doch bei dieser Art des Wirtschaftens stellen die Preise der Produkte nicht die wirklichen Kosten dar, die sie in ihrem Lifecycle verursachen. Die Preise stellen die Kosten nicht wirklich dar, da ein Großteil der tatsächlichen Kosten auf die Allgemeinheit umgelagert oder durch Subventionen von ihr „vorbeugend“ übernommen wird. Im schlimmsten aller Fälle bezahlt sogar niemand die Kosten, da einfach Raubbau am Planeten betrieben wird. In diesem Fall wird einfach der Planet geplündert und zerstört und alle dabei getöteten Pflanzen und Tiere, sowie die zerstörte und vergiftete Umwelt wird als Kollateralschaden in Kauf genommen.

Doch wollen wir so leben? Dem Menschen müsste es doch eigentlich möglich sein, im Einklang mit sich und der Natur zu leben. Ihm müsste es doch gelingen, sei es, dass es sich bei ihm um einen Stadt- oder einen Dorfbewohner handelt, nicht auf Kosten der Umwelt und zukünftiger Generationen zu leben. Ihm, der sich häufig als die höchste Lebensform betrachtet, müsste es doch möglich sein, nur soviel zu verbrauchen, wie sich natürlich auf der Welt regeneriert.
Ich glaube, die wenigsten Menschen möchten in einer Welt leben, in der fast die gesamte Flora und Fauna zerstört oder von Monokulturen dominiert wird. Ich glaube, viele Menschen möchten auch, dass zukünftige Generationen noch glücklich und gesund auf diesem Planeten leben können. Doch warum sehen dann nur die wenigsten Menschen den kausalen Zusammenhang zwischen ihrem Tun oder ihrem nicht Tun und der daraus resultierenden Umweltzerstörung? Warum ziehen nur die wenigsten Menschen die richtigen Entschlüsse aus all den Berichten und Informationen, die ihnen tagtäglich Wissenschaftler und Reporter als Informations- und Meinungsbildungsquellen zur Verfügung stellen? Warum sehen viele Menschen nur bei anderen einen Handlungsbedarf, aber nicht bei sich selbst?
Kurz gesagt, wann begreift die Mehrheit der Menschen, dass sie, wenn sie wirklich die Umwelt schützen wollen, nicht länger in ihrer Bequemlichkeit gefangen sein und nur klug daherreden dürfen? Wann begreifen sie, dass sie aufstehen und ihren Reden auch Taten folgen lassen müssen? Wann beginnen sie sich zu fragen, was wirklich wichtig ist? Wann beginnen sie zu begreifen, dass der Mensch notfalls auch mal verzichten muss, anstatt ständig den Überfluss zu zelebrieren, der zunehmend schneller die Natur, Umwelt, gar unseren ganzen Planeten vergiftet und zerstört?

Schlussendlich stellt sich die Frage: „Wie und wo wollen wir leben?“ Entweder auf einem lebendigen Planeten und im Einklang mit der Natur oder auf toter und versiegelter Erde, wo man die Natur vielleicht nur noch aus Dokumentarfilmen und botanischen und zoologischen Gärten kennt?

Published inIch Erdling

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