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Ich Erdling 35: Wie die politische Korrektheit die Kultur zerstört

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Schaft man Medien, sein es Texte, Hörspiele, etc. oder konsumiert man ebendiese, so kommt man heutzutage, in unserer Gesellschaft, zwangsläufig mit der politischen Korrektheit in Kontakt. Mit der politischen Korrektheit, mit der die Gesellschaft einen versucht zu diktieren, wie man etwas zu schreiben und darzustellen hat oder gar, welche Themen behandelt werden dürfen. Dabei geht es Schlussendlich nicht einmal mehr alleinig um den Inhalt oder die Botschaft, die man versucht möglichst einfach und verständlich zu vermitteln, nein, die Kritik beginnt schon bei der Ansprache, die man verwendet, wenn man z.B. das generische Maskulinum benutzt. Das generische Maskulinum, das die deutsche Sprache jahrhundertelang prägte, da die deutsche Sprache sehr geschlechtsspezifisch ist und es kaum Wörter gibt, die für alle Personen treffend sind. Selbst am „es“ stören sich manche, obwohl es geschlechtslos ist, denn sie wollen doch bitte schön, mit dem richtigen Geschlecht angesprochen werden. Wie also einen Text schreiben, der gut zu lesen ist und Leser und Leserinnen, sowie alle anderen adressiert? Ich weiß es nicht und so gebe ich mir auch keine Mühe, eine politisch korrekte Anrede zu finden und zu gebrauchen, auch wenn sich dann einige Leser meiner Texte benachteiligt fühlen sollten. Ich schreibe einfach so, wie ich es für richtig halte und wie ich gerade Lust verspüre. Sollte sich einer der Leser meiner Texte an meinem Gebrauch des generischen Maskulinum stören, so bleibt mir nur die Versicherung, dass dahinter keine böse Absicht steckt, sondern es einfach der deutschen Sprache, sowie der Lesbarkeit meiner Texte geschuldet ist.

Doch die politische Korrektheit macht nicht nur das Produzieren aktueller Werke schwer, sondern verstümmelt auch historische Romane oder lässt sie gar im Giftschrank verschwinden. So wird von „politischen Korrektheitsaktivisten“ manches Werk, wie z.B. „Tom Sawyer“ verdammt und eine Neufassung fokussiert, da, im englischen Original, u.a. farbige Menschen als Nigger bezeichnet werden und Indianer als Rothäute, und das ja offensichtlich rassistisch sei. Dabei wird aber leider vergessen, dass die Bücher die Kinder ihrer Zeit sind und die gesellschaftlichen Verhältnisse sich in ihnen widerspiegeln. Somit kommt eine Überarbeitung und eine damit einhergehende Entfremdung dieser Werke, einer Verleugnung der Vergangenheit und der in ihr herrschenden Verhältnisse gleich. Aufgrund dessen sollte man vielleicht Bücher, die nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheinen, nicht komplett um oder neu schreiben oder gar in Giftschränken verschwinden lassen, sondern sie stattdessen lieber in einer kommentierten Fassung herausgeben, in der ein Schlaglicht auf die damaligen Gesellschaftsverhältnisse geworfen und das Buch als ein Teil dieser betrachtet und bewertet wird. Durch dieses Vorgehen kann man vielleicht erreichen, dass die Gesellschaft, die Vergangenheit nicht vergisst und Generation um Generation, die noch kommen, aus ihr lernen können. In diesem Zusammenhang wird mir sicherlich jeder zustimmen können, dass man aus der Vergangenheit lieber lernen sollte, als das man sie und ihre Fehler, weil man sie vergaß, immer und immer wieder wiederholt, wodurch die Menschheit, mehr oder weniger, gesellschaftlich auf der Stelle träte.

Ähnlich wie den Büchern ergeht es auch Hörspielen, die rückblickend auf einmal als Jugendgefährdend wahrgenommen bzw. angesehen werden, da sie z.B. gesellschaftliche Klischees benutzen und dadurch z.T. bestimmte gesellschaftliche Gruppen stigmatisieren. Die Einschätzung als Jugendgefährdend führt dann häufig dazu, dass die betreffenden Hörspiele nicht mehr verbreitet werden, wie es z.B. bei „TKKG – Der Schatz in der Drachenhöhle“ geschah. Dabei wäre es doch eigentlich besser gewesen, wenn die betreffende Episode entweder eine höhere Altersfreigabe und / oder ein erklärendes Vorwort erhalten hätte. Ein Vorwort der Art:

„In diesem Hörspiel werden bestimmte Personengruppen, u.a. Zigeuner, eher negativ dargestellt. Der Grund dafür ist, dass sich der Autor zum einen gesellschaftlichen Klischees bediente, die im Jahr 1982, als das Hörspiel erschien, gang und gäbe waren. Diese gesellschaftlichen Klischees führten darüber hinaus im realen Leben häufig dazu, dass eben diese Personengruppen wirklich ausgegrenzt und z.T. in die Kriminalität getrieben wurden, da ihnen manchmal keine andere Möglichkeit blieb, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In diesem Sinne zeigen einige Aspekte des Hörspiels, wie gesellschaftliche Stigmatisierung dazu führen kann, dass Personen gewalttätig und / oder kriminell werden. Aufgrund dessen sollte man eine offene Gesellschaft, in der keine Personen diskriminiert werden, fokussieren und sie auch leben, auf das die Gesellschaft im Ganzen eine bessere wird.

Damit wünsche ich Ihnen viel Spaß beim jetzt folgenden Hörspiel.“

Ein Vorwort dieser Art hätte wirklich die Möglichkeit, die Menschen auf Missstände aufmerksam zu machen und darüber hinaus trotzdem noch die „alten“ Geschichten zu erzählen und zu genießen, oder nicht?

Damit möchte ich zu zwei anderen Mitteln kommen, die häufig in der politischen Diskussion verwendet werden und aufgrund dessen nicht selten von „politisch Korrekten“ als ihre Feinde angesehen werden. Es handelt sich um die Satire und die politische Karikatur bzw. den politischen Cartoon. Dabei ist bzw. sollte zumindest bekannt sein, dass die Satire mit Überspitzung arbeitet, um gesellschaftliche und politische Missstände aufzuzeigen, auf das die Menschen den „angeprangerten Irrsinn“ sehen, darüber reden und vielleicht eine Lösung für ihn finden. Doch häufig wird Satire nicht verstanden und sie wird von vielen, auch von denen, die es eigentlich besser wissen müssten, angriffen und als Feind betrachtet. Wer setzt sich denn auch schon gerne mit den durch die Satire angeprangerten, gesellschaftlichen Missständen auseinander, bei denen man vielleicht selbst ein Teil des Problems ist? In solchen Fällen ist es doch viel einfacher, den Boten zu „erschießen“, also gesellschaftlich zu diskreditieren, oder?
Ähnlich wie der Satire ergeht es auch der politischen Karikatur, bzw. dem politischen Cartoon, wie erst die „New York Times“ zeigte. Ein politischer Cartoon wurde als Antisemitisch gebrandmarkt und als einfach nur verletzend dargestellt. Dabei fand keine Auseinandersetzung mit der Botschaft des Cartoons statt, sondern nur mit ihrer Darstellung. So wurde die Art und Weise, wie der Cartoon gezeichnet ist, kritisiert, was ich persönlich auch verstehen kann, da er wirklich etwas geschmacklos ist, aber anstatt sich trotzdem mit seiner Botschaft auseinanderzusetzen und darüber zu debattieren, warum die Darstellung geschmacklos ist, folgte ein „Shitstorm“, der die New-York-Times zu einer Entschuldigung und der Ankündigung veranlasste, dass sie zukünftig keine politischen Cartoons mehr in ihrer internationalen Ausgabe drucke. Also statt Diskussion, Aufarbeitung und Auseinandersetzung, um im Anschluss vielleicht etwas pointierter, berechtigte Kritikpunkte in Form von Zeichnungen zu äußern, folgt das Einknicken, das Buckeln vor dem „politisch Korrekten“ und die Aufgabe einer ganzen Kulturform. Kann bzw. darf so etwas wirklich in unserer Gesellschaft sein?

Nicht das man mich jetzt falsch versteht, ich lehne jegliche Form der Diskriminierung in Bild, Ton und Sprache ab, die bewusst verletzend gemeint ist. Doch heutzutage hat man den Eindruck, dass die Keule der politischen Korrektheit immer mehr dazu genutzt wird, unliebsame Meinungen zu unterdrücken und die, die sie formulieren, mundtot zu machen. Dabei ist die politische Korrektheit das schlechteste Mittel, mit unliebsamen Meinungen umzugehen. Statt des Schwingens der Keule, der politischen Korrektheit, sollte man sich lieber sachlich und argumentativ mit dem Geäußerten auseinandersetzen und eine gute Diskussionskultur pflegen. Eine gesellschaftliche Kultur, in der nur noch die politische Korrektheit und keine Argumente mehr zählen, ist keine Kultur, sondern Meinungsdiktatur!

In diesem Sinne diskutiert, erklärt und lebt eure „politisch korrekten“ Ideale, auf das die Welt zu einer besseren wird. Aber spielt nicht die Empörten oder schwingt gar die Verbotskeule, wenn euch etwas nicht passt. Für alle die mir nicht glauben, dass alleinig „politische Korrektheit“ nichts bringt, hier eine wichtige Erkenntnis, die mich mein Leben lehrte und die sie sich vielleicht auch zu Herzen nehmen sollten: „Die Dummheit und Ignoranz kann man den Menschen nicht verbieten. Das Einzige, was man machen kann, ist versuchen, die Menschen und die Gesellschaft zu bilden, auf das die in der Gesellschaft vorkommende Dummheit und Ignoranz gemindert wird und vielleicht eines Tages ausstirbt.“

Published inIch Erdling

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