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Ich Erdling 38: Traum vom Ausstieg

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Manchmal, in dunklen Momenten oder sind es doch eher die wirklichen hellen, denke ich über den Ausstieg aus unserer Gesellschaft und aus meinem sozialen Umfeld nach. Ich denke darüber nach, wenn ich mal wieder viele Menschen klug reden, aber nicht handeln sehe, z.B. wenn einige Menschen von Politikern fordern, endlich mehr für den Klimaschutz zu tun, aber im gleichen Satz auch zum Ausdruck bringen, dass sie selbst auf nichts verzichten möchten oder sogar noch ihren materiellen Luxus und Besitz mehren wollen. Ich denke aber auch über einen Ausstieg aus unserer Gesellschaft nach, wenn ich sehe, wie viele Menschen den Bezug zur Realität verloren haben und sich in Realitätsblasen flüchteten, in denen sie ihr Weltbild bestätigt finden, auch wenn es eigentlich gar nichts mehr mit der eigentlichen, realen Welt zu tun hat. So gibt es, vor allem in unserer westlichen Welt, viele Menschen, die sich in Realitätsblasen flüchten, in denen sie sich als nachhaltig geben und feiern, obwohl sie doch aufgrund ihres Lebensstils, vielen Urlaubsflugreisen, der Wahl ihres Verkehrsmittels, etc. einen viel größeren umweltrelevanten Fußabdruck haben, als achtzig Prozent der übrigen Weltbevölkerung. Immer, wenn ich solche menschliche Ignoranz sehe, durch die viele Menschen nicht mehr wahrnehmen, welche direkten Auswirkungen ihr Lebensstil auf die Welt und das Klima hat, da sie ebendiese Auswirkungen nicht direkt sehen bzw. sehen wollen, möchte ich einfach nur noch meine Sachen packen und gehen.
Am liebsten würde ich meine Siebensachen packen und diese, unsere Gesellschaft hinter mir lassen, wenn ich mal wieder den menschlichen Irrsinn sehe, der da ist, dass nicht mehr Liebe, Vertrauen, Wissen, Verständnis und Erkenntnis das ist, nachdem die Mehrheit der Menschen strebt, sondern häufig nur noch Publicity. Selbst die oft genannte Weltoffenheit, der sich viele Menschen rühmen, ist mehr Schein, als Sein. Sie ist mehr Schein, als Sein, da sie sich bei viele Menschen nur darauf beschränkt, mit dem Flugzeug überall hinfliegen zu können, um sich an die Strände ferner Länder zu legen, auf Bergen fremder Länder die Piste herunterzufahren oder, was fast noch schlimmer ist, Wochenendeinkaufstrips mit dem Flugzeug zu unternehmen, um in all den trendy Weltstädten shoppen zu gehen. Das Verständnis und das Kennenlernen anderer Kulturen, als der eigenen, steht für die meisten „Weltreisenden“ nicht auf dem Programm. Der Grund dafür ist, dass dafür keine Reise, die nur eins oder zwei Wochen oder gar nur ein Wochenende dauerte, reichte. Nein! Das einzige, was wirklich einem ermöglichte, eine Kultur kennenzulernen, ist ein mehrmonatiger Aufenthalt, in dem man mit den Menschen und der Gesellschaft dieser Kultur tagtäglich interagiert, und nicht mit irgendwelchen Urlaubern in einem Feriendomizil. So ist das Reisen um die Welt, das viele Menschen betreiben, doch eigentlich nur eine Selbstdarstellung und Selbstbeweihräucherung, mit der sie ihren Wohlstand und ihre Pseudoweltoffenheit zelebrieren.
Doch damit noch nicht genug, manchmal kommt mir auch einfach der Gedanke, aus meinem Alltag auszubrechen und in eine einsame Hütte, in einem abgelegenen Wald zuziehen, um dann dort als Eremit zu leben. Dieser Gedanken kommen mir besonders in Momenten, in denen ich mal wieder sehe, wie Menschen andere Menschen erniedrigen, bewusst schlecht darstellen oder unterdrücken, nur um selbst gut dazustehen. In unserer Gesellschaft geht es doch vielen Menschen eher selten darum, anderen Menschen, Tieren oder der Umwelt wirklich zu helfen, um durch ihr Handeln die Gesellschaft im Generellen zu einer besseren zu machen, sondern nur noch darum, jederzeit selbst gut dazustehen. Doch das ist nicht der einzige Grund, der mich dazu bringt, darüber nachzudenken, mein weiteres Leben als einfacher Einsiedler zu verbringen, nein, auch wenn ich mal wieder merke, wie sich ein Teil meines sozialen Umfeldes, das mich Jahre meines Lebens begleitete, selbst zerlegt, da die Menschen in ihm nicht mehr wirklich miteinander reden, sondern immer nur monologisieren und dadurch keine Lösungen für die drängenden Probleme, die das soziale Gefüge bzw. den sozialen Zusammenhalt belasten, mehr finden. Darüber hinaus möchte ich manchmal die Gesellschaft einfach verlassen, um alleine und im Einklang mit der Natur zu leben, wenn ich mal wieder sehe, wie sich Menschen in ihre eigene vier Wände zurückziehen, um ihre Leben einsam zu Hause oder in digitalen Welten zu verleben, vollkommen losgelöst von der wirklichen Welt, so wie ihrer Probleme, aber auch ihrer Schönheit. Schlussendlich will ich manchmal einfach aussteigen, wenn ich sehe, wie die Menschen nicht mehr auf einem Level miteinander kommunizieren, sondern viele von oben herab, mit ihren Nasen weit in den Himmel emporgestreckt, was zwangsläufig nur zu Spannungen und dem Zerfall des sozialen Gefüges einer Gesellschaft führen kann.

Doch auch wenn ich immer wieder vom Ausstieg aus unserer Gesellschaft träume, so bleibt am Ende doch die Erkenntnis, dass ein Ausstieg aus unserer Gesellschaft mir vielleicht meinen Seelenfrieden wiedergäbe, aber die Welt dadurch zu keiner besseren würde. Stiege ich aus der Gesellschaft aus, wäre ich auch nur einer, der aufgegeben und kapituliert hätte, vor alldem, was auf unserer Welt schiefläuft. Doch, nicht nur das. Darüber hinaus könnte ich mich nicht einmal ganz von unserer Gesellschaft lossagen und abkoppeln, um allein und im Einklang mit der Natur zu leben. Der Grund dafür ist, dass auf unseren Planeten, in unserer heutigen Zeit, kein Entkommen mehr vor der menschlichen Zivilisation, sowie ihren Auswirkungen ist. Es ist kein Entkommen mehr vor dem menschengemachten Mikroplastik, das bereits in den entlegensten Winkeln der Erde und in den tiefsten Gräben der Meere gefunden wird und auch nicht, vor der menschengemachten Erderwärmung, die den ganzen Planeten aufheizt, Lebensräume für Tiere und Pflanzen zerstört und die Welt im Generellen zu einem ungemütlicheren Ort werden lässt.
Schlussendlich bleibt mir durch diese Zusammenhänge eigentlich nur übrig, als Teil dieser Gesellschaft weiterzuleben und zu versuchen, sie von innen heraus zu einer besseren zu machen. Und so zerplatzt der Traum vom Ausstieg und dem Leben in entlegener Natur und im völligen Einklang mit ihr.

Published inIch Erdling

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