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Ich Erdling 39: Von der Macht des Layouts und der Herrschaft über es

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Wie ausgekotzt liegt der Text vor mir. Die Bilder des Textes sind relativ beliebig in ihm angeordnet, so wie beim Erbrochenen die halbverdauten Essensreste, im Sekret aus Speichel und Magensäure. Der Text, der vor mir liegt, ist ein klassischer Roman, mit vereinzelten Bildern, die die Handlung veranschaulichen sollten. Ich kaufte mir diesen Roman im „epub-Format“, um ihn auf meinem Tablet zu lesen, was rückblickend betrachtet ein Fehler war. Der Grund dafür, dass der Kauf rückblickend ein Fehler war, liegt in den falsch platzierten Bildern und darüber hinaus in den vollkommen verhauenen Layout des Textes, an dem nicht nur die falsch platzierten Bilder Schuld tragen. Dabei hätte ich es doch eigentlich schon vor dem Kauf besser wissen müssen. Mir war ja schon vorher bekannt, dass elektronische Bücher im „epub-Format“ kein festes Seitenlayout haben, damit der Text „auf allen Bildschirmen“ vom Smartphone, über den e-Reader und die Tablets, bis hin zum Standard-PC, in angenehmer Schriftgröße und frei wählbarer Schriftart, etc. gelesen werden könne. Diese Darstellungsoptimierungen zur Pseudo-Lesbarkeitsverbesserung des Textes auf allen Bildschirmen, die dem „epub-Format“ innewohnen, kommen dabei häufig leider um den Preis, dass das vom Autor ursprünglich gewünschte und vielleicht mit Bedacht gewählte Layout vollständig verloren geht. Doch, nicht nur das. Mit dem Verlust des ursprünglichen Layouts geht das ein ums andere Mal sowohl die Lesbarkeit, als auch das einfache Verständnis des Textes, wenn z.B. Fußnoten an ganz unmögliche Stellen verschoben werden und sie sich aufgrund dessen nicht, wie vom Autor vielleicht gewünscht, am Seitenende, sondern am Kapitel- oder gar Romanende befinden, verloren.
Doch nicht nur bei elektronischen Büchern im „epub-Format“ hat man sich vom vordefinierten Layout verabschiedet. Nein, auch wenn man Texte bzw. Beiträge schreibt und sie in sozialen Netzwerken oder von Dienstleistern kostenlos bereitgestellten Blogs veröffentlicht, hat man kaum noch Einfluss auf die Darstellung der Texte, sowie möglicher Bilder, die den Text unterstützen sollen. Die Probleme mit der Gestaltung von Texten, die man in Onlineplattformen veröffentlicht, beginnen schon häufig damit, dass man keine eigene Schriftart wählen und darüber hinaus auch keine eigene Schriftfarbe, Schriftstärke und Ausrichtung des Textes mehr bestimmen kann. Darüber hinaus wird die Beitragsvorschau auf Sozialmedienplattformen häufig von Algorithmen der betreffenden Plattform generiert, so dass man in Bezug darauf, auch kaum noch Einfluss hat. Kurz, das, was der potenzielle Leser als Vorschau sieht, kann der Autor kaum mehr bestimmen, z.B. ob der potentielle Leser nur einen Vorschautext, nur ein Vorschaubild oder eine Kombination aus beidem sieht. Doch als wäre das noch nicht schlimm genug, so hat man darüber hinaus auch kaum noch Einfluss darauf, wie der eigene Beitrag in die Sozialmedienplattform eingebunden wird. So wird der von einem geschaffene und online gestellte Content, wobei ich in diesem Fall sowohl Texte, Bilder, Videos, etc. meine, häufig unauffällig zwischen Werbung platziert, mit der der Plattformbetreiber sein Geld verdient. Durch diese Platzierung zwischen Werbebeiträgen, die optisch genauso wie die eigentlichen Beiträge aussehen, fällt es den potentiellen Betrachter des Contents, das ein ums andere mal schwer, zu unterscheiden, was der eigentliche Erschaffer postete und was im Gegensatz dazu von Algorithmen zwischen die eigentlichen Beiträge platziert wurde. Doch das ist noch nicht alles, auf vielen Seiten, auf denen man seinen Content online stellen kann, fehlen so einfache Funktionen, wie z.B. einen Text als Blocksatz zu formatieren bzw. Bilder links, mittig oder rechts zu platzieren. Dabei erleichtert es z.B. der Blocksatz dem Leser ungemein, Zeilenumbrüche und Absätze zu erkennen und ermöglicht es ihm dadurch, gedankliche Sprünge bzw. den Beginn eines neuen Gedanken besser nachzuvollziehen.

Wenn ich darüber nachdenke, wie viel Zeit und Mühe viele Menschen darauf verwenden und verwendeten, Content für Webseiten zu schaffen und so zu gestalten, dass in ihm zum einen wirklich Wichtiges hervorgehoben und zum anderen dem Konsumenten ein einfaches und unbeschwertes Konsumvergnügen bereit wird, muss man wohl zwangsläufig zu der Erkenntnis gelangen, dass in diesem Bereich unseres Lebens nicht der Fortschritt, sondern eher der Rückschritt Einzug gehalten hat. Manch einer könnte mir jetzt widersprechen und zum Ausdruck bringen, dass das ganze kein Rückschritt, sondern wirklicher Vorschritt sei, da „one text fits all monitor sizes“ doch für die Textschaffenden überaus praktisch ist, da sie dadurch, auf eine einfache Art und Weise, ihre Texte möglichst vielen Lesern, die über die unterschiedlichsten Endgeräten verfügen, ohne Layoutanpassungen zur Verfügung stellen können. Denn ehrlich betrachtet gibt es ja kein Standardlayout, das sowohl für sehr kleine, als auch für sehr große Bildschirme gleichermaßen geeignet ist. Diese Behauptung mag zwar stimmen, weswegen auch Dateiformate wie das „epub-Dateiformat“ entwickelt wurden und Verbreitung fanden, doch geht mit der Nutzung solcher Dateiformate, meiner Meinung nach, häufig ein unverhältnismäßiger Verlust der Gestaltungsfreiheit der Medienschaffenden einher. Es geht die Gestaltungsfreiheit und damit die Möglichkeit der Medienschaffenden verloren, ihren Content so zu gestalten, dass er auf mehr als einer Ebene wirkt.

Mit diesen Betrachtungen im Hinterkopf ist es einem, der selbst Content im Sinne von Medien, wie Texten, Bildern, Videos, etc. schafft, nur möglich, alles von ihm Geschaffene genau so darzustellen, wie er es in seinem tiefsten Inneren für richtig hält, wenn er die potentielle Freiheit des Nutzers, die in der Wahl eines beliebigen Konsumgeräts liegt, auf dem er den Text ohne großen Aufwand und Mühe lesen kann, beschränkt. Diese Beschränkung kann unter anderem darin liegen, dass er z.B. für Texte ein Dateiformat wie „PDF“ benutzt, das ein festes Seitenlayout unterstützt. Doch, damit noch nicht genug. Darüber hinaus gewinnt man im „World Wide Web“ häufig erst wirklich die Hoheit über das Layout seines Contents bzw. über die Art wie sein Content in eine Webseite eingebunden wird, wenn man selbst Blogs, Webseiten, etc. betreibt. An dieser Stelle kommt dann leider für viele häufig zu tragen, dass mit dem Selbstbetrieb einer Webseite oder eines Blogs ein erhöhter Arbeitsaufwand einhergeht und darüber hinaus auch eine finanzielle Belastung, für die benötigte Infrastruktur. An diesem Punkt angekommen, muss dann jeder für sich selbst entscheiden, ob ihm die Hoheit über das Layout seines Contents bzw. das Layout der Webseite, in die sein Content eingebunden wird, diesen Mehraufwand wert ist oder eben nicht. Dabei sollte man sich aber zumindest während dieser Überlegung, von keiner „Geiz ist geil!“-Mentalität treiben lassen, die in unserer Gesellschaft so beliebt und verbreitet ist, sondern von sachlichen Argumenten und den eigenen Werten.

Was mich betrifft, so habe ich schon vor über einem Jahrzehnt beschlossen, dass ich die Darstellung meines Contents überwiegend selbst verantworten und bestimmen möchte, so dass ich seit ebendieser Zeit eine eigene Homepage bzw. einen eigenen Block betreibe. Einen Blog, dessen Layout ich selbst beliebig anpassen kann und auf den ich darüber hinaus meinen Content, sein es Texte oder Bilder beliebig einbetten oder formatieren kann. In diesem Sinne hoffe ich, dass die Wahl und die Gestaltung des Layouts meines Blogs dazu geneigt ist, meine Texte zum einen optisch gut leserlich darzustellen und zum anderen durch die persönliche Formatierung, den Inhalt bzw. die Botschaften, die meinen Texten innewohnen, wenn auch indirekt, hervorzuheben.

Published inIch Erdling

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