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Ich Erdling 47: Unsere Wegwerfgesellschaft abseits von materiellen Dingen

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft und dabei beziehe ich den Ausdruck nicht nur auf materielle Dinge, sondern auch auf immaterielle Güter und Werte. Ich beziehe ihn auf die Liebe, Freundschaften, Erkenntnisse und Prinzipien, die viele von uns schnell auf dem Müllhaufen ihrer Lebensgeschichte entsorgen, wenn sich ihnen etwas Neues, aufregenderes oder prestigeträchtigeres präsentiert, mit dem sie sich gut darstellen können oder mit dem sie noch bequemer, um nicht zu sagen, fauler, leben können.

Wir leben in einer Zeit, in der Menschen nicht mehr ihre Prinzipien pflegen, nein, stattdessen werfen viele von ihnen sie gleich über Bord, wenn sie dadurch bequemer und leichter leben können. Viele von ihnen werfen ihre Prinzipien in den Abfallstrudel ihrer Leben, wenn sie sich vom Verzicht auf sie eine Bereicherung ihrer Leben versprechen. Wie anders könnte man es sich sonst erklären, dass viele Menschen u.a. vom Klimawandel reden und meinen, dass sie etwas für den Klimaschutz täten, aber dann ihre ökologischen Bedenken hinten anstellen, wenn es um den Flug in den Urlaub geht oder darum, auch mal Verzicht zu üben? Wie kann es sein, das die Modezyklen immer kürzer und kürzer werden, und sich viele Menschen, von denen nicht wenige behaupten, dass sie sich für den Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzen, dieses Spiel mitspielen und dann günstige, kurzlebige und unter fragwürdigen Bedingungen gefertigte Kleidung kaufen, anstatt langlebige, nachhaltige und fair produzierte? Viele der betreffenden Personen argumentieren dann mit ihrer finanziellen Lage, die nicht zuließe, dass sie sich bessere Kleidung kauften. Doch dieses Argument ist häufig nur vorgeschoben und stellt den Versuch einiger dar, den Schein von Prinzipientreu zu wahren. Doch wenn man sich genau die von ihnen vorgebrachten Argumente betrachtet, stellt man fest, dass es häufig scheinheilige Argumente sind. Es sind scheinheilige Argumente, da sie ihr Geld, anstatt dass sie es für einen nachhaltigen Lebensstil aufwenden, für Dinge ausgeben, die diesem eher konträr gegenüberstehen. Sein es Dinge wie der jährliche Urlaub, wenn nicht gar aus dem Jahresurlaub mehrere unterjährige Urlaube werden. Sei es die neuste Mode oder die neusten technischen Produkte. Kurz, viele der Menschen, die von ihren Prinzipien reden, tun das häufig nur, um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken und betreiben, wenn es sich bspw. um ein Umweltthema handelt, dass ein ums andere mal Greenwashing, doch den Kern ihrer Prinzipien werfen sie dabei nicht selten auf den Müll.

Doch nicht nur, dass die Wegwerfgesellschaft, in der wir leben, Einzug in unsere Prinzipientreu findet, nein, auch in der Pflege und der „Instandhaltung“ von zwischenmenschlichen Beziehungen, sein es Freundschaften oder Liebesbeziehungen, finden sich ihre Auswüchse. So werden diese zwischenmenschlichen Beziehungen mittlerweile häufig von Menschen nur noch eingegangen, um sich einseitig an ihnen zu bereichern.
Was Freundschaften betrifft, so ziehen diese Menschen nach Möglichkeit einen maximalen Nutzen für sich aus ihnen und konsumieren, die in den Freundschaften innewohnende Energie, bis die Freunde oder die Freundschaften ihnen doch zu lästig oder alltäglich werden. Die Freundschaften werden ihnen lästig, da in ihnen nicht immer Sommer, Sonne, Sonnenschein herrscht, sondern es auch mal anstrengende Zeiten geben kann, vor allem dann, wenn einer der Freunde gerade eine schwere Zeit durchmacht. Und was machen nicht wenige Menschen, in unserer heutigen Zeit, in solchen „schwierigen“ Situationen? Sie schmeißen die Freundschaft fort, mit der Begründung, dass sie zu anstrengend sei, anstatt sie zu pflegen und zu versuchen, aufrechtzuerhalten. Nein, das Aufrechterhalten der jeweiligen Freundschaft würde in der betreffenden Situation ja Arbeit bedeutet und man müsste auf den reinen, genussvollen Konsum der Vorzüge einer Freundschaft verzichten. Mit solchen Gedanken im Kopf schmeißen sie dann schließlich Freundschaft um Freundschaft auf die soziale Müllhalde, die sie in ihrer Lebensgeschichte angelegt haben.
Was die Liebesbeziehungen betrifft, so sind auch sie, in unserer heutigen Zeit, häufig zu einem reinen Konsumgut verkommen, wobei es mich schaudert, was einige Menschen in unserer heutigen Zeit als Liebesbeziehung bezeichnen. So werden die Partner, das ein ums andere mal, als Statusobjekte gesehen und meiner Meinung nach auch so behandelt, doch nicht nur das. In unserer heutigen Zeit gehen darüber hinaus Menschen Beziehungen ein, die sie als Liebesbeziehung bezeichnen, obwohl sie mit dem, was man gemeinhin unter Liebe versteht, nichts mehr gemein haben, da es in diesen Beziehungen einem oder gar beiden Partnern primär darum geht, einfach die eigenen animalischen Triebe zu befriedigen und auszuleben. Ihnen geht es häufig nicht mehr darum, einen Seelengefährten zu finden, mit dem sie ihre Lebenszeit verbringen können, nein, ihnen geht es darum, einen Partner als Statusobjekt zu haben, der sie, wenn sie gerade Lust verspüren, befriedigt. In solchen Beziehungen sucht man dann das Gefühl von Verständnis und Seelenpartnerschaft vergebens und dem entsprechend wird beim kleinsten Problem die Beziehung auch wieder in den Abfallstrudel des eigenen Lebens entsorgt.

Schlussendlich werden auch Erkenntnisse, zu denen Gesellschaften und Menschen im Laufe der Zeit gelangten, auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt, und das häufig aus reinster Bequemlichkeit. So werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert, wenn die aus ihnen folgenden Konsequenzen für das eigene Leben als unbequem empfunden werden oder wenn sich der Mensch eine technologische Lösung des Problems verspricht, auch wenn noch keiner weiß, ob es sie je geben wird. Ein Beispiel dafür findet sich wieder beim Klimawandel, bei dessen Vermeidung viele ihre Hoffnung auf negative CO2-Emissionen setzen, wobei es noch keine großtechnologische Lösung gibt, mit der sich dieses Ziel erreichen und der Klimawandel stoppen ließe und doch vertrauen viele Menschen darauf und leben weiter wie bisher, wobei die Welt immer weiter auf den Abgrund zurast. Darüber hinaus schmeißen viele Menschen Erkenntnisse über den Haufen, die die Geschichte, sie und die Gesellschaft lehrte. Sie schmeißen Erkenntnisse, die nicht selten mit Blut und Schweiß erkauft wurden, auf den Müllhaufen vergangener Zeiten, mit der alleinigen Begründung, dass das ursächliche Geschehen schon lange her und die heutige Welt eine andere sei oder, wenn es sich um ein geschichtliches Ereignis handelt, etwas in der besagten Form heute sicherlich nicht mehr so passieren könne. Dabei vergessen sie, dass Geschichte dazu neigt, sich zu wiederholen, sobald die Menschen sie vergessen haben und so entwickelt sich die Gesellschaft nur dem Anschein nach weiter, während die Grundprobleme immer und immer wieder Einzug in sie halten, z.B. Rassismus, überschäumender Materialismus und selbstgefällige Lethargie, die u.a. auch schon im römischen Reich, in bestimmten gesellschaftlichen Schichten verbreitet war und in eine zerstörerische Dekadenz mündete.

Schlussendlich bleibt mir nur zu sagen, dass der Einzug des Wertesystems, der Wegwerfgesellschaft, in die immateriellen Bereiche unserer Leben, niemals eine Bereicherung für unsere Leben oder die Gesellschaft darstellen kann. Nein! Die immateriellen Güter, wie Wissen, Erkenntnis, Freundschaft, Liebe, etc. muss man sein Leben lang pflegen, reparieren und das ein ums andere mal auch modernisieren, also an neue Erkenntnisse und die Zeit anpassen. Natürlich muss man sich dabei das ein ums andere mal von einem immateriellen Gut trennen, sei es, dass sich ein Freund als falscher Freund, ein geliebter Mensch als Egomane oder eine Erkenntnis im Nachhinein als falsch erweist. Doch sollte niemals Bequemlichkeit und Prestigesucht der Grund dafür sein, dass man sich von diesen immateriellen Gütern trennt.

In diesem Sinne sollten Sie, als Leser dieser Zeilen, nicht nur nachhaltig in Bezug auf materielle Dinge, sondern auch auf die immateriellen Werte, die ihr Leben ausmachen, leben.

Published inIch Erdling

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