Zum Inhalt springen

Momente – Teil 3: Auf einem Dorffest, vor dem Festzelt

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

„Was hast du Hurensohn gesagt?“ „Ich habe gesagt, dass du und deine Sippe sich verpissen und uns unseren Spaß lassen sollen.“ „Hey, warum sollten wir uns verpissen, das Fest wird ja nicht nur für euch, sondern für die Allgemeinheit veranstaltet.“ „Weil du und deines gleichen nur Stress machen und uns unsere gute Stimmung zerstören.“ „Wo machen wir denn Stress? Du hast doch angefangen meine Freundin anzubaggern und zu belästigten.“ „Spinnst du? Ich habe sie nicht belästigt! Ich habe nur etwas mit ihr geflirtet. Das ist doch kein Grund hier so einen Stress zu machen und jetzt, da ich weiß, dass sie sich mit Typen wie dir einlässt, würde ich sie nicht einmal mehr mit der Kohlenzange anfassen.“ „Was soll das jetzt schon wieder heißen? Willst du ein paar aufs Maul?“ „Na komm doch, vor solchen Leuten wie dir habe ich keine Angst!“
„Hey, jetzt reicht es mal.“, sage ich zum wiederholten Male und drücke mich zwischen die beiden Streitenden. Meine Aufforderungen sich zu beruhigen, haben die beiden Streitenden bisher ignoriert, so dass mir nichts anders übrig bleibt, als mich, als eine Art Schild, zwischen die beiden zu stellen, ehe noch etwas wirklich Dummes passiert. Warum mussten die beiden, mein Kumpel und der andere, an diesem Abend, der doch so schön begonnen hatte, nur zu streiten anfangen? Warum konnte nicht einer der beiden klug sein und einfach weg oder woanders hingehen? Nein, sie mussten ja unbedingt auf ihren unbedeutenden Standpunkten bestehen. Soviel dazu, dass der Klügere nachgibt. In einer Welt mit lauter dummen, egoistischen und ignoranten Menschen wird irgendwann keiner mehr, temporär, nachgeben, um Konflikte abkühlenzulassen, um anschließend in Ruhe miteinander zu reden. Nein, so wie die Menschen heutzutage sind, werden bald wieder alle Konflikte mit Gewalt ausgetragen werden, anstatt mit Worten und friedlich.
Jetzt stehe ich zwischen den beiden Kontrahenten, die ihre Dummheit zur Schau tragen und fühle mich allein. Ich fühle mich allein, da keiner von den anderen Anwesenden dazwischengegangen ist und einige sogar rufen, dass ich sie sich doch prügeln lassen soll. Es ist ein blutgieriger Mob, der sich da um uns geschart hat. Ein Mob, der die Situation nicht besser, sondern durch die Kommentare, die aus seiner Anonymität heraus hervorgebracht werden, immer schlimmer und schlimmer macht.
Ich wende mich meinen Kumpel zu und sage: „Jetzt geh endlich und lass diesen scheiß hier, hinter dir. Geh ins Zelt, hol dir ein Bier, setzt dich zu unseren anderen Freunden, die bereits im Zelt sitzen und verbring noch einen schönen Abend. Ich komme auch gleich nach.“ „Warum sollte ich das tun? So ein respektloses Verhalten kann man Leuten wie denen nicht durchgehen lassen, sonst werden sie sich immer und immer wieder zu viel herausnehmen.“ „Geh jetzt, sonst geh ich und du kannst schauen, wo du bleibst!“ Da dreht sich mein Kumpel endlich um und geht in Richtung des Festzeltes.
Jetzt ist die Zeit, mich seinem Kontrahenten zuzuwenden. „So, jetzt ist es gut. Jetzt geh auch du mit deinen Freunden und deiner Freundin eures Weges und verlebt noch einen schönen Abend.“ „Warum sollte ich das tun? Dein Kumpel hat meine Freundin belästigt. Das lasse ich nicht auf sich sitzen!“ „Nein, er hat deine Freundin nicht belästigt. Ich war ja die ganze Zeit dabei. Er hat nur etwas mit ihr gequatscht und ein paar Späße gemacht. Sie lachte und hatte auch Spaß. Es fand keine Art von Belästigung statt. Darüber hinaus stelle ich dir auch die Frage, woher mein Kumpel hätte wissen sollen, dass die Frau, mit er sich unterhielt, einen Freund hat, der darüber hinaus so eifersüchtig ist, dass er es nicht erträgt, dass sie sich auch mal mit anderen Männern unterhält?“ „Suchst du jetzt etwa auch Stress?“ „Nein, das tue ich sicherlich nicht. Ich sage nur, wie es sich zugetragen hat. Ich gebe auch zu, dass sich mein Kumpel falsch verhielt, als er meinte, dass du dich verpissen sollst, als du dich zu uns an den Tisch setzen wolltest. Wobei ich es auch ein Stück weit verstehen kann, da du durch dein provokantes Auftreten und deine dich in die Unterhaltung anderer drängende Art, seine Unterhaltung, mit deiner Freundin, störtest. Doch man kann alles friedlich lösen, anstatt sich gegenseitig aufzuschaukeln und dann zu vereinbaren, vors ‚Zelt zu gehen‘. ‚Vors ‚Zelt zu gehen, um es wie Männer zu klären.‘ Mal ehrlich, so ein Verhalten ist doch unreif und kindisch. So ein Verhalten hat sichtlich nichts mit Männlichkeit zu tun.“ In diesem Moment höre ich meinen Kumpel, der scheinbar doch nicht auf mich gehört hat, hinter meinen Rücken sagen: „Da hörst du es, dein Verhalten ist kindisch und wäre mein Kumpel nicht hier, würde ich dir schon Verstand und Benehmen einprügeln.“
Ich sehe, wie die Züge meines gegenüber entgleisen und denke: „Scheiße, dieser Depp.“ Ich versuche noch einmal den Kerl und meinen Kumpel auseinanderzuhalten, um doch noch die Sache irgendwie friedlich zu lösen, doch es ist alles zu spät. Der Kerl stößt mich zur Seite, holt mit seiner Faust aus und schlägt meinem Kumpel aufs Auge. Von dem Schlag überrascht taumelt mein Kumpel ein Stück zurück und fängt an zu heulen. Als ich wieder meinen Stand gefunden habe, dränge ich mich sofort erneut zwischen die beiden und sage zu dem Kerl: „So, jetzt hast du dich revanchiert. Jetzt geh, du siehst ja, dass mein Kumpel eine Memme und zudem auch noch besoffen ist.“ „Ja, ich gehe, denn an solchen Jammerlappen mache ich mir meine Hände nicht schmutzig.“, sagt der Kerl, dreht sich um und geht mit seiner Freundin und seinen Freunden davon. Als ich merke, dass mein Kumpel schon wieder etwas hinter dem Kerl herrufen möchte, drücke ich ihm meine Hand auf den Mund und sage: „Überlege dir gut, was du jetzt tust. Wenn du jetzt etwas sagst, stehst du für dich allein da und kannst die Suppe allein auslöffeln, in der du gerade zu ertrinken beginnst.“ Auf meine Aussage hin nickt mein Kumpel und ich nehme meine Hand von seinem Mund.

Nachdem der Kerl aus meinem Sichtfeld gänzlich verschwunden ist, wende ich mich noch einmal meinem Kumpel zu, der mich verbissen anschaut und schließlich zu mir sagt: „Ich bin keine Memme.“ „Doch! Aber was noch viel schlimmer ist, du bist ein wirklich großer Depp. Du hättest einfach gehen können und es wäre wahrscheinlich nichts passiert. Aber nein, du musstest ja noch einmal zurückkommen und den großen Macker spielen.“ „Wenn der mich beleidigt und meine Ehre verletzt, da muss ich doch meinen Mann stehen! Wie soll sonst noch jemand Respekt vor mir haben?“ „Ehre? Respekt? Dass ich nicht lache! Ehre und Respekt wird einem von anderen gewährt und das, was du heute Abend im Allgemeinen dargeboten hast, ist nicht dazu geeignet, dass dir irgendjemand Ehre oder Respekt gewährt. Selbst dann, wenn du den Kerl zusammengeschlagen hättest, hätten dich alle nur mitleidig belächelt, denn körperliche Gewalt zeigt immer nur, dass der, der sie anwendet ehr- und respektlos ist. Aber sei es drum. Ich gehe jetzt zurück ins Festzelt und versuche noch einen schönen Abend zu verleben. Du kannst entweder mitkommen, um auch zu versuchen, noch einen schönen Abend zu verleben, du kannst aber auch nachhause gehen und deine Wunden versorgen oder du gibst deinem ‚verletzten Ehrgefühl‘ nach und suchst weiter den Konflikt, wobei du dann ganz allein auf dich gestellt sein wirst.“

Das gesagt, wende ich mich von meinem Kumpel ab und gehe zurück ins Festzelt. Ich bin gespannt, was mein Kumpel tun wird. Gespannt, was für eine Art von Mensch mein Kumpel wirklich ist.

Published inMomente

Diese Webseite verwendet nur technische Cookies, die zur Funktion der Webseite notwendig sind. Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du ihrer Verwendung zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen