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Momente – Teil 10: Alter Familienwohnsitz

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Ich stehe in dem Haus, in dem ich aufwuchs. Dem Haus, in dem ich meine gesamte Kindheit verbrachte, bevor ich raus in die Welt zog, um zu lernen, auf meinen eigenen Beinen zu stehen.
Jetzt bin ich nach vielen Jahren wieder zurückgekommen, zurück zu dem Haus, das für zwei Jahrzehnte meine Heimat war und jetzt kommt es mir seltsam fremd vor. Ich spüre nichts mehr von der Liebe und Wärme, die es einst ausstrahlte. Nein, stattdessen kommt es mir seltsam kalt und verlassen vor. Es kommt mir so vor, als wären die Wände enger zusammengerückt und bereiteten sich darauf vor, auf mich einzustürzen, um mich in sich gefangenzunehmen.
Ich schaue mich genauer im Haus um. Ja, es hängen noch dieselben alten Bilder an den Wänden. Von den Decken baumeln noch die gleichen Kronleuchter und Lampen, doch die Regale und Schränke haben sich geleert. Aus ihnen verschwanden die Kinderbücher und Kindersachen und es blieben nur die antiquierten Bücher und antiquiertes Porzellan zurück. Mit dem Auszug meiner Geschwister und mir, blieben nur Dinge zurück, die alt und kalt wirken. Der freiwerdende Platz wurde nicht mit neuem Leben und mit neuen, schönen Eindrücken gefüllt. Nein, der Platz blieb einfach leer und kalt.
Den Eindruck, den das Haus jetzt auf mich macht, passt gar nicht mehr zu dem Eindruck, den ich als Kind von ihm hatte. Für mich war es damals mein Elternhaus, das Haus, in dem ich Liebe und Zuneigung empfing. Es war das Haus, mit seinem zugehörigen Garten, in dem ich die ersten Erfahrungen in vielen Bereichen meines Lebens sammelte. Damals war es für mich, noch kein so kaltes und graues Gemäuer, wie ich es jetzt vor mir sehe. Ein Gemäuer, das statt Liebe und Wärme zu spenden, eher die Liebe und Wärme aus einem herauszieht.
Mir fröstelt. Ich mag nicht mehr in diesem Haus sein und doch macht es mir auch Angst, diesen Ort meiner Kindheit, für immer hinter mir zu lassen. Aber egal, heute wird der letzte Tag sein, an dem ich das Gebäude betrete. Heute ziehen meine Eltern nämlich aus diesem Haus aus. Sie ziehen aus, in eine kleinere, einfach instand zu haltende Wohnung. In eine Wohnung, die nicht so groß, leer und kalt wirkt.
Heute werden meine Geschwister und ich die Regale leeren, die Bilder von den Wänden nehmen und alles in Kisten verstauen, wobei die überwiegende Zahl von Kisten zum Trödler wandert, anstatt in die neue Wohnung meiner Eltern.
Am Ende des Tages wird schließlich nur noch ein leeres, kaltes Haus zurückbleiben. Ein Haus, das vielleicht irgendwann einem anderen Kind oder einer anderen Familie Wohnraum, Wärme und Liebe spendet. Doch diese Bedeutung hat es für mich verloren und so bleibt es nur ein Ort, meiner Erinnerung.

Meiner Erinnerung, an eine schöne, glückliche Kindheit.

Published inMomente

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