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Eine letzte Liebesgeschichte – Brief 10: Probewohnen und Wohnungssuche

Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Liebe Freundin, schon eine Weile habe ich dir nicht mehr geschrieben und als Entschuldigung bleibt mir eigentlich nur vorzubringen, dass die Zeit rasend schnell vergeht, wenn man glücklich ist. Mittlerweile bin ich seit achtzehn Monaten mit meiner Partnerin zusammen und wir befinden uns seit drei Monaten, nach ebenso vielen Monaten des Probewohnens, auf der Suche nach unserer ersten gemeinsamen Wohnung.
In den letzten Monaten der Beziehung zwischen meiner Partnerin und mir lernte ich viel Neues, sowohl über zwischenmenschliche Beziehungen als auch über mich. So lernte ich über mich, dass ich tiefgreifende Veränderungen seltenst selbst anstoße. Fühle ich mich wohl, fehlt mir einfach die intrinsische Motivation ein Risiko einzugehen, um etwas Neues zu riskieren, obwohl es vielleicht ein Schritt in eine noch glücklicher oder bessere Zukunft wäre. Ich mag einfach die Veränderung nicht, da mit jeder Veränderung auch das Risiko besteht, dass man das gute, das man bereits besitzt, wieder verliert. Blicke ich mit diesem Wissen auf meine Vergangenheit zurück, so sehe ich meine Annahme bestätigt, denn viele Veränderungen, die große Umbrüche in meinem Leben darstellten, waren entweder als ein Akt des Selbstschutzes für mich notwendig oder extrinsisch motiviert. Die extrinsische Motivation lag dabei bis zu meinem achtzehnten Lebensjahre bei meinen Eltern und danach kam lange Zeit nichts, bis ich schließlich meine Partnerin kennen und lieben lernte. Aber nicht, dass du mich falsch verstehst, mein Leben war und ist eine ständige Veränderung, doch waren die Veränderungen, die ich in meinem Leben durchlief, eigentlich immer nur kleine Schritte, die erst, wenn man sie über mehrere Monate oder Jahre betrachtet, als eine große Veränderung erscheinen. Doch warum schreibe ich dir das? Ich schreibe dir das, damit du verstehst, wie sich das Zusammenleben zwischen meiner Partnerin und mir gestaltet. So gehen in unserer Beziehung eigentlich alle Schritte, die unsere Beziehung auf eine neue Stufe heben, von meiner Partnerin aus. Sei es die kecke Aussage, bei einem gemeinsamen Abendessen, die dazu führte, dass wir ein Paar wurden, sei es das Probewohnen oder die jetzige Suche nach einer gemeinsamen Wohnung. Hat meine Partnerin die Idee, unsere Beziehung auf eine neue Stufe zu haben, so fragt sie mich nach meiner Meinung. Immer wenn sie das tut, höre ich dann einen kurzen oder längeren Moment in mich hinein und wäge ab, ob ich prinzipiell bereit für diesen Schritt bin oder ob etwas Entscheidendes aus meiner Sicht dagegenspricht. Dabei stelle ich häufig fest, dass ich meistens für den nächsten Schritt bereit bin und ihn mir eigentlich von Herzen wünsche, doch nie daran dachte, ihn aus eigenem Antrieb in Angriff zu nehmen. Dabei stellte ich auch fest, dass es häufig meine Gedanken sind, die mich davon abhalten, selbst einmal die Initiative zu ergreifen. Es sind Gedanken wie: „Ist es denn dafür noch nicht zu früh?“ Doch mit der Zeit wurde mir auch bewusst, dass es für mich, wenn ich nicht aufhörte, auf diesen Gedanken zu hören, immer zu früh für den nächsten Schritt wäre. Aufgrund dessen benutze ich auch gerne meine Partnerin als extrinsische Motivation, da mir ihre Fragen erlaubten, diesen ersten Gedanken beiseitezuschieben und mich zu fragen, was ich wirklich möchte. Was ich von meiner Zukunft erwarte und eben auch, wann den nächsten Schritt zu gehen, selbst wenn er das ein ums andere Mal mit einem Risiko verbunden sein sollte.

Damit möchte ich jetzt zu dem Punkt des Probewohnens kommen. Vor etwa sechs Monaten meinte meine Partnerin bei einem gemeinsamen Abendessen zu mir, dass wir zusammenziehen sollten, da wir uns sowieso fast jeden Tag sähen und es finanziell und zeittechnisch das Vernünftigste wäre. Als ich ihre Worte hörte, stellte ich mir natürlich sofort wieder die Frage: „Ist es denn dafür noch nicht zu früh?“ Doch ich schob diesen Gedanken beiseite, überschlug schnell den Stand unserer Beziehung und unseres Verhältnisses zueinander und meinte dann zu ihr: „Was hältst du davon, wenn wir erst einmal zwei bis drei Monate versuchen, probeweise gemeinsamen zu wohnen und wenn das klappt, wir uns auf die Suche nach einer gemeinsamen Wohnung machen? So können wir austesten, ob es unsere Beziehung aushält, wenn wir uns wirklich ständig sehen und wir haben für den Notfall immer noch unsere eigenen Wohnungen als Backup, falls doch etwas schiefgehen sollte, was ich aber eigentlich nicht glaube. Nach den zwei bis drei Monaten können wir uns dann eine Wohnung suchen, die uns beiden gefällt und unseren Ansprüchen eher gerecht wird, als unsere Wohnungen, die wir als Singles bezogen.“ Auf diese Erwiderung hin, sah mich meine Partnerin einen kurzen Moment lang traurig an. Sie sah mich gerade so an, als hätte ich ihre Gefühle damit verletzt, dass ich nicht bedingungslos ihrem Wunsch nach einer gemeinsamen Wohnung zustimmte und in der ersten Zeit noch eine ‚fallback‘-Option haben wollte. Doch dann lächelte sie, was, glaube ich zumindest, daran lag, dass sie mich mittlerweile recht gut kennt und weiß, dass ich, auch wenn ich mir eigentlich fast hundert Prozent sicher bin, dass etwas klappt, eine Sicherheit für meinen nächsten Schritt brauche.
So kam es, dass meine Partnerin bei mir probeweise einzog. Der Grund dafür, dass sie bei mir und ich nicht bei ihr einzog, war, dass ich die etwas größere Wohnung habe, die darüber hinaus so gelegen ist, dass wir beide in angemessener Zeit unsere Arbeitsplätze erreichen können. Mit ihrem Einzug begann dann auch ein neuer Abschnitt unserer Beziehung und unserer Leben.
Das Erste, das ich feststellte, als wir zusammen zogen, war, dass ich weniger flexibel bin, als ich viele Jahre lang dachte, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich schon seit einigen Dekaden auf dieser Erde wandele, die mein Wesen und meine Art geformt und gefestigt haben. Es fiel mir schwer alte Gewohnheiten loszulassen und meine täglichen Routinen ein Stück weit zu ändern. Doch über den Zeitraum von zwei bis drei Monaten gelang es mir schließlich recht gut, mit der sich veränderten Situation klarzukommen und meine Routinen anzupassen.
Was sich eher als ein Problem darstellte, war, dass wir auch schon beim Probewohnen versuchten, aus beiden Haushalten einen zu machen, also die Dinge, die wir beide brauchten und Wert schätzten in einer gemeinsamen Wohnung unterzubringen, ohne dass sie anfängt wie die Wohnung eines Horters auszusehen. Leicht fiel es mir, mich von einigen Kleidungsstücken zu trennen und sie erst einmal im Keller zu verstauen. Doch dann wurde es schwierig, denn mit vielen Dingen, die sich in meiner Wohnung befanden, verband ich viele schöne Erinnerungen, besonders mit vielen Buchreihen, die ich im Laufe der Jahrzehnte sammelte. Doch es half alles nichts und so sortierte ich die Bücher, die mir am wenigsten wichtig waren schließlich auch aus und verpackte sie in Kisten, mit denen ich sie in den Keller verfrachtete. Das tat ich so lange, bis meine Partnerin genauso viel Platz für ihre Sachen zur Verfügung hatte, wie ich für meine.
Das getan und sie bei mir wohnend begann eine neue, aufregende Zeit, in der ich meine Partnerin ständig um mich hatte und wir nicht mehr regelmäßig die Abende mit telefonieren oder schreiben verbrachten, was wir taten, als wir allein in unseren eigenen Wohnungen saßen. Stattdessen füllten wir unsere gemeinsamen Abende mit persönlichen Gesprächen. In dieser ersten Zeit des wirklichen Zusammenlebens stellte ich auch fest, dass es doch etwas komplett anderes ist, mit jemanden wirklich zusammenzuleben anstatt nur zusammen zu sein. Das begann schon damit, dass man die Aufgaben, die tagtäglich im Haushalt anfallen, gemeinsam in Angriff nimmt und sich einer nicht immer komplett rausnimmt und nur den Partner oder die Partnerin alles machen lässt. Es muss eine faire Aufgabenteilung erfolgen, wenn es nicht gleich zu Unfrieden kommen soll. So waren meine Partnerin und ich, als wir noch in getrennten Wohnungen lebten, primär dafür verantwortlich, dass unsere jeweils eigene Wohnungen sauber und in Ordnung war, wobei wir uns da schon gegenseitig unterstützten, doch jetzt waren wir beide für die gleiche Wohnung verantwortlich und wir beide sollten uns natürlich auch im gleichen Maße um die Wohnung kümmern, da es sonst sicherlich über kurz oder lang Streit gäbe, der unsere Beziehung belastete, was sich aber doch relativ einfach vermeiden ließe.
Das Zweite, das mir nach dem Zusammenziehen auffiel, war, dass mir auf einmal der persönliche Rückzugsort fehlte. Mir fehlte es, auch einfach mal für mich allein zu sein und meine absolute Ruhe zu haben. Ständig war in meiner „Freizeit“, in meiner Wohnung, meine Partnerin um mich herum. Das Schöne, dass ich sie jetzt immer um mich herum hatte, kam eben um den Preis, dass sie auch fast immer um mich herum war. Es gab halt keine praktische Möglichkeit, dass wir uns in meiner Zweizimmerwohnung mit Küche und Bad einfach aus dem Weg gingen, sondern wir mussten halt schauen, dass der von uns beiden, der gerade Ruhe brauchte, sie draußen in der Natur fand oder wir uns, wenn möglich, für bestimmte Zeiten auf die Zimmer aufteilten, um unsere individuelle Ruhe zu finden.

Doch auch wenn das Zusammenleben anfänglich für mich ungewohnt war, so spielten wir uns schnell aufeinander ein und ich entwickelte Strategien, die mir halfen, trotz unserer gemeinsamen Wohnung, Zeit für mich und Ruhe zu finden. Als so drei Monate des gemeinsamen Zusammenlebens vergangen waren und wir merkten, dass unsere Beziehung auch das Zusammenleben aushielt, beschlossen wir, eine gemeinsame Wohnung für uns beide zu suchen.
Da ich ein pragmatischer Mensch bin, schlug ich vor, dass meine Partnerin und ich je eine Liste machten, mit Eigenschaften, die unsere gemeinsame Wohnung aufweisen müsste. Auf der Liste sollte beispielsweise stehen, ob die Wohnung eher ländlich oder in der Stadt liegen, wie viele Zimmer sie haben, was erlaubt und verboten sein sollte und so weiter. Anschließend schlug ich vor, dass jeder seinen Punkten eine Rangfolge gibt und wir dann aus den beiden Listen, eine gemeinsame Liste erstellten, die eine Rangfolge der Eigenschaften aufzeigte, die uns bei der gemeinsamen Wohnung besonders wichtig sind.
Als meine Partnerin und ich unsere Listen fertiggestellt hatten, stellte ich fest, dass meine Partnerin schon viel weiter als ich in die Zukunft dachte. Sie dachte weiter, denn sie hatte einen Punkt auf ihrer Liste, denn sie Büro / Kinderzimmer nannte. Bis dahin hatte ich zwar ab und an daran gedacht, dass es vielleicht einmal schön wäre, Kinder zu haben, doch diese bei meiner aktuellen Lebensplanung zu berücksichtigen, kam mir bis dahin nie in den Sinn. Aber gut, so setzten wir uns zusammen und erstellten und diskutierten über unsere gemeinsame Prioritätenliste für die Wohnungssuche. Am Ende waren uns folgende Punkte für unsere erste wirklich gemeinsame Wohnung wichtig.
Der erste Punkt war, dass unsere Wohnung in einer ruhigen naturnahen Gegend liegen sollte, von der man aus mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aber noch gut in die Stadt käme. Der zweite Punkt, dass wir beide noch gut und in angemessener Zeit zu unseren Arbeitsplätzen kommen sollten. Der dritte Punkt, dass die Wohnung möglichst energieeffizient und nachhaltig sein musste. Der vierte Punkt, dass die Wohnung das Halten von Haustieren erlaubte und der fünfte Punkt, dass die Wohnung uns genügend Platz böte, um eventuell, eines fernen Tages, ein Kinderzimmer einzurichten. Nach diesen fünf Punkten folgten noch einige andere, eher unwichtigere.
Mit diesen, unseren fünf Hauptpunkten machten wir uns dann daran, Zeitungsannoncen und Immobilienportale abzuklappern, um eine Wohnung zu finden, die uns passend für uns und unseres weiteres gemeinsames Leben erscheint. Schnell stellten wir bei unserer Suche fest, dass es eine schwierige Suche würde, da der Wohnungsmarkt in der Region, in der wir leben und arbeiten, überlaufen ist, wodurch es zum einen nur wenige Vermietungsanzeigen gibt und es darüber hinaus auch häufig Absagen regnet, da es einfach für ein gutes Objekt viel zu viele Interessenten gibt, von denen viele sicherlich besser situiert als wir sind.

Mittlerweile suchen wir seit ungefähr drei Monaten eine passende Wohnung für uns und momentan haben wir uns wieder um eine Wohnung bemüht, die unsere Anforderungen erfüllt. Wir bemühten uns um sie und warten schon sehnsüchtig auf die Rückmeldung des Vermieters, in der Hoffnung, dass wir dieses Mal den Zuschlag bekommen.

Published inEine letzte Liebesgeschichte

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