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Ein Eichhörnchen ist verliebt – Teil 3 – Alter Liebesbrief

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Es war ein kalter Winter und ich hatte mich in meine Kobel zurückgezogen. Ich wollte Ruhe halten, um Energie zu sparen, auf das meine Vorräte bis zum kommenden Frühjahr hielten. Während ich so dem Nichtstuen frönte, dachte ich bei mir, dass ich die Zeit auch für eine kleine Inventur meines Hab und Guts verwenden könnte. Gedacht, getan.

So ging ich all mein Hab und Gut durch, und schmiss all die Dinge, die keinen Wert mehr für mich besaßen, aus meiner Kobel. Als ich mich schließlich wieder dem Nichtstun hingeben wollte, fiel mein Blick auf meine Box mit Erinnerungsstücken, die ich schon seit Jahren nicht mehr aufgemacht hatte. Aufgrund der langen Zeitspanne, die ich die Box nicht mehr geöffnet hatte, wusste ich auch gar nicht mehr, was ich in ihr alles verstaut hatte. Doch da ich ja sowieso gerade beim Aufräumen war, könnte ich ja auch die Box mal aus- und aufräumen.

Das erste Problem war, dass es eine Box mit Schloss war und es eine ganze Weile dauerte, bis ich den Schlüssel für das Schloss gefunden hatte. Das zweite Problem war, dass ich nicht damit gerechnet hatte, was für einen Impact die Erinnerungsstücke auf mich haben würden. Einen Impact, der mich nostalgisch und traurig werden lies. Doch der Reihe nach.

Das erste was ich sah, als ich die Box öffnete, waren Bilder vergangener Zeiten. Bilder vergangener Freundschaften und Bilder alter Gefährten. Die Bilder stimmten mich traurig, denn es waren Bilder, die vom Verfall von Freundschaften kündigten. Wie häufig hatten sich meine alten Freunde und ich geschworen, auf ewig Freunde zu sein? Und was war daraus geworden? Nichts!

Die jeweiligen Interessen hatten sich verändert und man lebte sich auseinander. Einige meiner ehemaligen Freunde sah ich zwar noch manch einmal, doch alles was wir teilten, war ein Nicken als Zeichen des Erkennens.

Nachdem ich die Bilder eine ganze Weile betrachtet hatte und in Erinnerung schwelgte, legte ich sie zur Seite. Ich sah mir den restlichen Inhalt der Box an. Der restliche Inhalt war überwiegend Krimskrams, abgesehen von einem Zettel, der zu einem Brief gefaltet war. Er war so gefaltet, wie ich Briefe in meiner Kindheit gefaltet hatte.

Brief aus meiner Box mit Erinnerungsstücken

Ich öffnete den Brief, da ich mich absolut nicht mehr an ihn erinnern konnte. Als ich den Brief geöffnet hatte erblickten meine Augen Wörter, die in meiner Handschrift geschrieben waren. Es waren Wörter, die sich zu einem Liebesgedicht ergänzten.

Als ich Strophe um Strophe des Gedichts las, kamen meine Erinnerungen zurück. Erinnerungen an den Moment, an dem ich das Gedicht vor ach so vielen Jahren schrieb und Erinnerungen an das Mädchen, für das es einst gedacht war.

Das Mädchen, für das ich die Zeilen einst zu Papier brachte, fand ich jahrelang faszinierend und mochte sie während der Zeit auch sehr. Doch ich getraute mir nie, ihr meine Gedanken und Gefühle zu sagen. Der Grund dafür war die Angst vor einer ablehnenden Antwort. Jahre vergingen und ich wusste nicht aus noch ein. Schließlich fasste ich den Entschluss, wenn ich mir schon nicht getraute, ihr meine Gedanken und Gefühle mündlich zu gestehen, sie doch wenigstens zu Papier zu bringen. So schrieb ich diesen Brief in der festen Absicht ihr ihn zu geben, doch ich tat es nicht! Stattdessen trug ich ihn Monate lang in meinem Portmonee mit mir herum. Wenn ich das Mädchen während dieser Zeit sah, versuchte ich mich immer zu überwinden, ihr den Brief zu geben, doch ich schaffte es nie. Schließlich trennten sich unsere Wege, da uns unsere Lebenswege in verschiedene Regionen führten und wir verloren den Kontakt. Mit dem Verlust des Kontaktes wanderte auch der Brief aus meinem Portmonee in meine Erinnerungsbox, um mich immer daran zu erinnern, was davon kommt, wenn man sich nicht selbst vertraut und es nicht schafft, über seinen eigenen Schatten zuspringen.

Ich nahm mir vor, noch ein aller letztes Mal den Brief zu lesen. Noch einmal zu lesen, bevor ich ihn, und mit ihn hoffentlich auch die Erinnerung beseitigte.

Ich möchte mehr Zeit,
mit dir verbringen,
und jetzt ist es soweit,
ich hoffe, es wird mir gelingen.

Denn jetzt stehe ich vor dir,
und möchte dich etwas Wichtiges fragen,
doch ich spüre Zweifel in mir,
denn was wirst du sagen?

Wirst du ablehnend reagieren,
oder mich gar auslachen,
vielleicht würdest du es probieren,
und mir gelänge,
deine Liebe für mich zu entfachen.

Denn ich liebe dich aus tiefsten Herzen,
weil du mir mehr als ein einfacher Freund bist,
und sollte mir mein Herz auch einmal schmerzen,
weiß ich, dass es nicht für immer ist.

Denn sobald ich dich sehe,
fängt mein Herz an freudig zu schlagen,
auch wenn ich es nicht immer verstehe,
möchte ich dich dann auf Händen tragen.

So erfreue ich mich an den kostbaren Momenten,
die du in meiner Nähe bist,
und möchte keine Sekunde davon verschwenden,
weil diese Zeit einfach schön ist.

Ich muss sagen, es war keiner meiner literarisch besten Texte, aber er drückte genau das aus, was ich zu jener Zeit, als ich ihn schrieb, bezüglich des Mädchens empfand. Nach Beendigung der Lektüre des Briefes holte ich ein Streichholz heraus, und verbrannte den Brief, auf dass ich symbolisch mit dieser Erinnerung abschloss.

Nachdem der Brief verbrannt war, frönte ich weiter meiner Winterruhe, denn das Ausmisten hatte mich mehr Energie gekostet, als wie ich gedacht hatte und hoffte, dass ich vergangene Fehler nicht wiederholte.

Published inAus dem Leben eines EichhörnchenEin Eichhörnchen ist verliebt

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