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Einsame Seelen

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Sie streifen unbemerkt umher. Tagtäglich begegnet man ihnen und merkt es doch häufig nicht. Man sieht sie und nimmt sie doch nicht wahr. Es sind einsame Seelen, die wie du und ich aussehen und in den gleichen Städten und Dörfern leben. Es sind traurige Gestalten, die ihre wahren Gedanken und Gefühle hinter Masken verbergen und häufig nach außen Freude zur Schau tragen. Doch trotz der zur Schau gestellten Freude spüren sie in ihren Herzen nur Einsamkeit und Trauer. Die einsamen Seelen sind Menschen, die man seltenst wahrnimmt und denen man sich noch seltener annimmt. Man lässt diese Menschen und das, was sie repräsentieren, links liegen, da man sich und sein eigenes Leben nicht belasten möchte. Man denkt, Unwissenheit schützt das eigene Glück und das eigene Gewissen.
Egal, welchen Grund es auch dafür gibt, sei es ein Schicksalsschlag oder andere äußere Umstände, die einen Menschen zu einer einsamen Seele werden lassen, so legen doch die meisten einsamen Seelen häufig ein ähnliches Verhalten an den Tag. Es ist ein Verhalten, was sie verwundbar und ausnutzbar macht. Sehen diese einsamen Seelen z.B. einmal einen Lichtschimmer, der ihnen Ausgang aus ihrer Einsamkeit und Glück verspricht, so folgen sie ihm häufig bedingungslos. Sie versuchen das Licht und das Glück, was es ihnen verspricht, zu erreichen, es an sich zu binden und schließlich nicht mehr ziehen zu lassen. Doch viele dieser Lichtschimmer sind nur Irrlichter, die ihnen etwas versprechen, was sie nicht halten können. Sie glimmen und locken, sie versprechen viel und geben wenig, häufig nicht einmal Wärme, an der sich die einsame Seele erholen könnte. Die Irrlichter sind kurz da, bevor sie, meist für immer, wieder verschwinden. Doch als währen die Irrlichter noch nicht genug, so erzeugen auch Menschen, die sich der Schwächen einsamer Menschen bewusst sind, Leuchtfeuer, die Hoffnung versprechen sollen. Diese Menschen entzünden helle Feuer, um die einsamen Seelen zu sich zu locken und ihnen Wärme und Teilnahme zu versprechen. Doch diese hell brennenden Feuer halten nur seltenst, was sie versprechen. Die, die sie Entzünden, wollen sich nämlich häufig nur an den einsamen Seelen bereichern. Sie wollen sie für ihre Zwecke einbinden und wenn sie dann ihren Zweck erfüllt haben, in den hellen Feuern, die eigentlich brennende Scheiterhaufen sind, verbrennen. Sie locken einsame um einsame Seele zu sich, nehmen von ihnen, was sie wollen, sei es Geld, Zeit, Aufmerksamkeit oder Unterstützung und überantworten dann die gänzlich gebrochenen und ausgebeuteten einsamen Seelen den Flammen, da sie keinen Nutzen mehr für sie haben. Diese Menschen bereichern sich an den armen Seelen und manch einmal verkaufen sie es gar als „Nächstenliebe“. Die Menschen, die die einsamen Seelen so ausbeuten, gehören u.a. zu Wirtschaftsunternehmen, die Profit aus der Einsamkeit der einsamen Seelen schlagen wollen. Doch nicht nur das, sie gehören auch zu Religionsgemeinschaften oder Sekten, die den einsamen Seelen den Himmel oder das Paradies versprechen, wenn sie sich, ihr Handeln und manch einmal sogar alles was sie besitzen, für die Religionsgemeinschaft oder Sekte opfern. Diese Gemeinschaften hausieren mit Versprechungen, die sie nicht belegen können und machen die einsamen Seelen nicht selten zu ihren Marionetten. Zu Marionetten, die sie auf jede Art und Weise benutzen können, die sie sich gerade vorstellen, bevor sie sie schließlich, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben, auch wieder nur fallenlassen. Doch nicht nur Wirtschaft, Industrie, Religionsgemeinschaften und Sekten beuten die einsamen Seelen aus. Nein, auch einzelne Menschen benutzen und beuten sie schamlos aus. Sie, die häufig ihre Selbstbestätigung durch andere Menschen suchen, suchen sich die einsamen Seelen, um sich scheinbar auf sie einzulassen. Doch sobald das geschehen ist, ziehen sie das, was ihnen wirklich wichtig ist, aus der zwischenmenschlichen Beziehung, ohne etwas zurückzugeben, bevor sie sich schließlich, eher früher als später, von der einsamen Seele lossagen und sich gestärkt auf die Suche nach einem neuen „Opfer“ machen. Bei diesen Menschen handelt es sich um moderne Vampire, die den einsamen Seelen ihre Kraft rauben, um dann anschließend leere Hüllen, denen kaum noch Leben innewohnt, zurückzulassen.

Aber was jetzt tun? Wie verhindern, dass man selbst zu einer einsamen Seele wird, die Irrlichtern hinterherläuft? Oder was tun, wenn man einsamen Seelen begegnet?

Der Mensch, der an und für sich ein soziales Wesen ist, wird eigentlich immer, solange er lebt, nach sozialen Bindungen suchen. Er wird nach Bindungen suchen, die ihm halt geben und das Gefühl, an einem Ort auf dieser Welt angekommen zu sein. Doch in unserer heutigen Zeit und in unserer heutigen Gesellschaft, in der der Egoismus häufig über der Gemeinschaft und dem Gemeinschaftssinn steht, finden immer weniger Menschen das Gemeinschaftsgefühl. Die Menschen, die einfach nicht in der Gemeinschaft ankommen, ziehen sich dann häufig nach einer Weile, in der sie ziellos durch ihre Leben und die Welt irrten, in ihre eigenen vier Wände zurück und gehen nur noch dann unter Menschen, wenn sie es denn wirklich müssen. Mit dem Versacken in den eigenen vier Wänden löst sich nicht selten, wobei es manchmal Monate und manchmal Jahre dauert, das eigene Selbstwertgefühl auf und man wird kraft- und antriebslos. Man wird zu einer leeren, einsamen Seele, die nur noch lebt, um des Lebenswillens.
Die meisten Menschen merken früher oder später selbst, dass etwas in ihrem Leben nicht stimmt und sie drohen, zu einsamen Seelen zu werden. Das Wichtige ist dann, wenn man selbst merkt, dass etwas nicht stimmt, sich nicht der Lethargie hinzugeben, sondern über sich und das was man sich wünscht, zu reflektieren und eventuell Hilfe zu suchen. Wird einem bei der Beschäftigung mit sich selbst bewusst, dass man eine einsame Seele ist, oder droht eine einsame Seele zu werden, sollte man bewusst den Kontakt mit anderen Menschen, sei es in Vereinen oder anderen Gemeinschaften, suchen. Man sollte versuchen bei Vereinen und Gemeinschaften, in denen man seine eigenen Interessen und Überzeugungen vertreten findet, Anschluss zu finden. Es heißt raus, aus den eigenen vier Wänden zu kommen, Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen und dabei immer sich und die anderen ein Stück weit bzgl. der wirklichen Intention zu hinterfragen, um dadurch zu vermeiden, einem Irrlicht hinterher zueilen oder auf einmal vor einem brennenden Scheiterhaufen zu stehen. In unserer heutigen Zeit und Gesellschaft, mit ihren oberflächlichen Werten, ist dieser Weg aus der Einsamkeit und das Ankommen in einer Gemeinschaft, in der man sich wohl und geborgen fühlt, häufig ein schwerer und manch einmal sehr langer Weg, auf dem es viele Rückschläge gibt und auf dem man sich trotz aller Vorsicht, bestimmt auch einmal verrennt, wenn man doch einem Irrlicht anheimfällt, das mehr verspricht, als es halten kann. Doch solche Irrwege erkennt man meistens rechtzeitig, bevor man einen Abgrund hinunterfällt oder auf einem Scheiterhaufen endet, wenn man über sich und die Intentionen des Anderen, der das Irrlicht für einen selbst ist, reflektiert. So kann man häufig rechtzeitig die Bremsen ziehen und einen neuen Weg einschlagen. Einen Weg, der einen selbst zum Glück führt, wenn man es denn schafft, sich nicht durch die Fehlschläge entmutigen zu lassen, was eigentlich die schwerste Aufgabe für einen selbst ist.
Mit dieser Feststellung möchte ich damit abschließen, was man tun kann und sollte, damit man nicht selbst zu einer einsamen Seele wird. An dieser Stelle möchte ich jetzt zu dem Punkt kommen, was man tun kann und auch sollte, wenn man merkt, dass ein Mensch, dem man begegnet, eine einsame Seele ist. Begegnet man einsamen Seelen, so merkt man das häufig, wenn man sich die Menschen mit ehrlichem Blick betrachtet. Man merkt, das etwas nicht stimmt und das die einsame Seele, das ein ums andere mal, Anschluss sucht. In diesen Fällen ist es, meiner Meinung nach, wichtig, sie nicht links liegenzulassen, sondern auf sie zuzugehen und zu versuchen in Gespräche und die Gemeinschaft einzubinden. Darüber hinaus ist es wichtig, die einsame Seele dazu zu bringen, darüber nachzudenken, was sie wirklich möchte. Was sie, also der Mensch, dessen Seele sie ist, wirklich ausmacht. Der Grund dafür ist, dass bei einsamen Menschen häufig mit der Zeit das Selbstwertgefühl sinkt und sie sich nicht mehr bewusst machen, wer sie wirklich sind und was sie wirklich im Leben wollen. Stattdessen geben sie sich zum Teil selbst auf, nur um irgendwo dazu zugehören oder sich zugehörig zu fühlen, wobei sie dadurch nicht selten ausgenutzt werden und trotzdem weiterhin einsame Seelen bleiben. Einsame Seelen, die sich in einer Gruppe anderer Seelen verstecken, um einen Schein von Zugehörigkeit zu wahren. Einsame Seelen, die sich selbst aufgaben und mit der Zeit im Nichts verblassen.

Zu guter Letzt bleibt mir nur zu wünschen, dass alle in unserer Gesellschaft etwas bewusster miteinander umgehen. Ich wünsche mir, dass die Menschen wieder mehr Wert auf ein ehrliches Gemeinschaftsgefühl und ehrliche soziale Bindungen legen, anstatt auf irgendwelche oberflächlichen Werte oder Statussymbole. Jeder sollte an sich arbeiten und wenn es ihm möglich ist, anderen dabei helfen nicht zu einsamen und verlorenen Seelen zu werden. Man sollte immer versuchen, Menschen einzubinden, wenn man ein ehrliches Interesse an der Teilhabe sieht, auf das man nicht auf einmal dasteht und feststellt, dass aus all den einsamen Seelen, verlorene Seelen wurden.

Published inKolumne

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