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Eine letzte Liebesgeschichte – Brief 6: 1. Date, 2. Date, Enttäuschung

Geschätzte Lesezeit: 15 Minuten

Liebe Freundin, manchmal frage ich mich, ob die Evolution uns Menschen zu Sukkuben und Inkuben werden lässt. Zu dämonischen Wesen, denen es primär darum geht, sich körperlich zu vereinigen. Sind wir Menschen zu Wesen geworden, denen es in der Liebe primär darum geht, einen Partner zu finden, mit dem man Sex haben kann und dann erst an zweiter Stelle die Frage nach dem zwischenmenschlichen Verständnis steht? Dabei heißt es doch, dass Liebe Zeit braucht. Zeit, um einander wirklich kennenzulernen und um festzustellen, ob die Gedanken und Gefühle von einem für den anderen Menschen echt und anhaltend oder nur durch die Hormone vorgegaukelt sind. Man brauch auch Zeit, um festzustellen, ob die Leben und Tagesabläufe der potentiellen Partner miteinander kompatibel sind. Schon die kleinsten Gesten und Verhaltensweisen können nicht gewollt sein, falsch verstanden werden und zu Spannungen führen. Eigentlich allem, was ein Mensch tagtäglich tut, kann das Potential für einen Konflikt innewohnen. So sollten doch die zwei potentiellen Partner erst einmal in Ruhe schauen, ob sie es schaffen über alle Dinge zu reden und einen gemeinsamen Standpunkt zu finden, ohne sich an die Gurgel zu gehen. Einen gemeinsamen Standpunkt, den beide haben oder zumindest tolerieren können, ohne dass es zu zerstörerischen Spannungen zwischen ihnen kommt.
Was mich betrifft, so habe ich wieder einmal den Eindruck gewonnen, dass sich viele Menschen nicht mehr die Zeit für das wirkliche Kennenlernen nehmen, sondern stattdessen Checklisten abarbeiten, eins-, zweimal testen, ob man sich riechen kann und dann gleich zum Performanztest im Bett schreiten, frei nach dem Motto, wenn man sich riechen kann und es im Bett klappt, wird auch schon irgendwie die Beziehung funktionieren.
Doch warum schreibe ich dir das überhaupt? Ich schreibe dir das, da ich eine Frau kennenlernte und mit ihr Ausging, nur um festzustellen, dass sie viel zu schnell den Akt praktizieren wollte und auf meinen Hinweis, dass ich mir gern noch etwas mehr Zeit, zum besseren Kennenlernen, ließe, mit Unverständnis reagierte und den Kontakt abbrach. Doch vielleicht sollte ich von Anfang an erzählen.

Besagte Frau lernte ich auf einen Themenabend kennen. Der Themenabend fand in der Stadthalle unter dem Titel „Gesellschaft im Angesicht des Klimawandels“ statt. Die erste Hälfte des Abends waren dabei Vorträge zum Thema, was die gesellschaftliche Verantwortung für den Klimawandel ist und welches gesamtgesellschaftlichen Handlungsweisen ergriffen werden sollten, um ihn zu begrenzen und seine Auswirkungen zu reduzieren. Der zweite Teil des Themenabends waren dann verschiedene Diskussionsrunden zum weitergehenden Erörtern der Probleme und möglicher Lösungen.
Bei einer dieser Diskussionsrunden saß die besagte Frau neben mir und diskutierte, wie ich, aktiv mit. Als schließlich der Abend zu Ende ging, verabschiedete sie sich von mir und meinte, dass es sie gefreut habe, mich kennenzulernen. Darauf meinte ich, dass es auch mich gefreut hätte und machte mich daran die Stadthalle zu verlassen.
Ich lief bereits Richtung Ausgang, als ich plötzlich am Arm festgehalten wurde, worauf ich mich noch einmal umdrehte. Zu meiner Verblüffung stellte ich fest, dass es die Frau war, die mich am Arm festhielt. Ich sah sie irritiert an und fragte: „Gibt es noch etwas?“, worauf hin sie meinte: „Ähm, ja, ich wollte dich noch fragen, ob du nicht Lust hättest, dich mal mit mir zu treffen, um etwas gemeinsam zu unternehmen.“ In diesem Moment setzte bei mir die Mund-Hirnschranke aus und ich fragte: „Meinst du, auf ein Date gehen oder einfach nur ein freundschaftliches Treffen.“ Auf diese Frage hin war es an ihr, irritiert zu schauen. Nach einem Moment der Verblüffung antwortete sie aber: „Ähm, schon ein Date.“ Ich stimmte zu und schlug vor, dass wir gemeinsam, wenn sie Lust hätte, am kommenden Wochenende auf eine Bücherschau, deren Gastgeberland Island war, gehen könnten. Ich schlug das vor, da ich bereits vorhatte, die Bücherschau zu besuchen und ich mir nach dem Themenabend dachte, dass es ihr auch gefallen könnte. Sie stimmte zu und so tauschten wir nur noch schnell unsere Mobiltelefonnummern aus, bevor wir uns endgültig für diesen Abend verabschiedeten.

Die folgende Woche verging wie im Flug und am kommenden Wochenende trafen wir uns an einem Brunnen in der Nähe des Geländes, auf dem die Bücherschau stattfand. Wie du mich ja kennst, so war ich mal wieder viel zu früh am vereinbarten Ort. Doch das machte mir nichts aus, denn ich machte es mir einfach auf einer Bank bequem und verbrachte die Wartezeit damit, den BBC-Podcast „The History Hour“ zu hören. So tauchte ich ab, in vergangene Zeiten. In Geschichten, die die Welt veränderten und manch einmal viel zu schnell in Vergessenheit gerieten.
Die Wartezeit verging für mich wie im Flug und schließlich sah ich mein Date in der Ferne kommen. Sie kam auf mich zu und ich stellte fest, dass sie schlicht aber schick gekleidet war. Noch bevor sie mich erreichte, schaltete ich den Podcast aus und packte meine Kopfhörer weg, um sie angemessen zu begrüßen. Wir begrüßte uns mit einer Umarmung und während wir zur Bücherschau liefen, fragte sie mich, was ich den gehört hätte, als sie kam. Ich antwortete, dass es ein Geschichtspodcast von der BBC gewesen ist, worauf sie mich überrascht anschaute und dann fragte, ob der denn nicht in Englisch gewesen sei. Ich bejahte ihre Frage, woraufhin sie meinte, dass das nichts für sie wäre, da sie nicht gut Englisch verstünde und geschichtliche Themen sie auch weniger als die Gegenwart, interessierten. Als ich daraufhin meinte, dass man die Gegenwart häufig erst wirklich verstünde, wenn man die Vergangenheit kenne, schaute sie mich nur irritiert an und meinte, dass Vergangenheit eben Vergangenheit hieße, da sie nicht mehr aktuell und somit wenig relevant fürs hier und jetzt sei. Ich war schockiert von ihrer Aussage, da sie mir engstirnig vorkam. Doch da ich unser erstes „Date“ nicht gleich an dieser Stelle mit einer Erwiderung eskalieren lassen wollte, wechselte ich das Thema, indem ich sie fragte, was sie denn für Medien hörte. Auf meine Frage hin meinte sie, dass sie eigentlich nur Musik höre. Sie höre hauptsächlich Dance, Trance, Pop und vielleicht ab und an auch noch etwas Rock. Sie höre einfach das, was ihr gerade gefiele. Hauptsache es passte zu ihrer Stimmung und wäre eingängig.
Während wir uns so unterhielten, waren wir zum Gelände der Bücherschau gelaufen und als wir ankamen, fragte ich sie, was sie sich denn als Erstes ansehen wollte, worauf sie mit den Schultern zuckte und meinte, dass man ja einfach mal durchgehen und sich alles anschauen könnte.
Gesagt, getan. So liefen wir über das Gelände der Bücherschau und blätterten mal hier und mal dort in den Büchern. Dabei hielten wir uns besonders lange im Bereich mit den Büchern zum Thema Nachhaltigkeit auf, da es uns beide sehr interessierte.

Schließlich wurde es Abend und wir besuchten noch eine Lesung, die sich mit den Frauen beschäftigte, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Island ausgewandert waren. Meine Begleitung schien die Lesung nicht wirklich zu interessieren, doch sagen tat sie nichts. Stattdessen setzte sie sich einfach neben mich, lehnte sich an meine Schulter und legte ihre rechte Hand auf meinen linken Oberschenkel. Auf diese Geste hin, sah ich sie kurz fragend an, doch da sie nichts sagte, legte ich ihr einfach meinen linken Arm um die Schultern und hörte weiter der vorlesenden Autorin zu.
Die Stunden vergingen, die Lesung endete und es kam die Zeit der Abschiednahme. Zum Abschied fragte ich meine Begleitung, ob wir uns denn wieder treffen wollten. Worauf sie ohne zu zögern antwortete: „Aber natürlich.“
Diese Antwort freute mich, da ich an diesem Tag den Eindruck gewonnen hatte, dass sie ein lieber Mensch ist und ich sie gern noch besser kennenlernen wollte. So sagte ich nach ihrer Zustimmung, dass ich am kommenden Wochenende wieder Zeit für eine Unternehmung hätte und sie sich dafür etwas heraussuchen dürfte, da der Besuch der Bücherschau ja meine Idee gewesen sei, und ich jetzt gern erlebte, was sie denn gern täte. Zu meiner Überraschung musste sie gar nicht lange überlegen, sondern meinte gleich, dass am darauffolgenden Freitag ein Konzert wäre, auf das sie zu gehen gedächte und ich ja mitkommen könnte. Ich stimmte zu und so endete unser erstes Date.

Unter der Woche schrieben wir etwas miteinander und als der Abend des Konzertes oder sollte ich sagen „unseres zweiten Dates“ kam, freute ich mich schon richtig darauf. Ich freute mich darauf, sie wieder von Angesicht zu Angesicht zu sehen.
Wir trafen uns am besagten Freitagabend in einem Restaurant, in der Nähe der Konzerthalle, um noch etwas zu essen, bevor es hieße, drei Stunden im Gedränge zu stehen. Auch an diesem Tag begrüßten wir uns mit der obligatorischen Umarmung, bevor wir uns im Smalltalk ergossen. Ich schreibe bewusst Smalltalk, denn immer, wenn ich versuchte über Themen zu sprechen, die nicht direkt etwas mit uns oder unseren Leben zu tun haben, wickelte sie ab. Sie wickelte ab und einmal meinte sie gar genervt, dass sie das im Moment nicht wirklich interessiere. Kurz, sie wollte einfach nur eine leichte, gegenwartsbetreffende Unterhaltung führen.
„Na gut, dann halt sanfte Unterhaltung, vielleicht ist das zweite Date auch noch nicht der richtige Zeitpunkt, um über komplexe Themen und was sie von ihnen dächte, zu sprechen.“, das dachte ich zumindest bei mir. Nach dem Essen gingen wir schließlich zum Konzert, wobei sie mir ihre Hand reichte. So liefen wir Richtung Konzerthalle und ich mochte es, sie in meiner Nähe zu haben und ab und an freudig, über einen meiner schlechten Witze, lachen zu hören.
Wir kamen an der Konzerthalle an, gaben unsere Jacken an der Garderobe ab und holten uns noch etwas zu trinken, bevor wir uns in die Menge stellten. Als das Konzert schließlich begann, stellte sie sich vor mich, da sie kleiner als ich war, um etwas zu sehen. Doch nicht nur das, sie lehnte sich auch alsbald an mich und in diesem Moment legte ich wie selbstverständlich meine Arme um sie. So, sie in meinen Armen halten, blieben wir fast das ganze Konzert stehen. Wir blieben stehen, als ein Ruhepunkt unter vielen sich bewegenden Leibern und ich genoss es einfach, ihren Körper an meinem zu spüren.

Als das Konzert nach drei Zugaben geendet hatte, warteten wir noch einen Moment, bis sich die Konzerthalle etwas geleert hatte, bevor auch wir unsere Sachen aus der Garderobe holten und gingen.
Auf dem Weg zur S-Bahnhaltestelle fragte mich meine Begleitung plötzlich, ob das bereits das dritte Date oder erst das zweite gewesen sei. Ich war von ihrer Frage irritiert, da doch eigentlich egal war, das wievielte Date es gewesen ist und das antworte ich ihr auch, wobei ich ergänzte, dass es das Zweite gewesen sei. Darauf meinte sie, dass man ja den Themenabend, an dem wir uns kennenlernten, auch schon als Date sehen könnte. Diese Aussage verwunderte mich noch mehr. Was hatte sie nur damit, das wievielte Date unserer Treffen gewesen ist?
Schließlich kamen wir an der S-Bahnstation an und ich wollte mich gerade verabschieden, als sie meinte, dass ich auch bei ihr übernachten könne, da ihre Wohnung näher als meine läge, so dass ich nicht mehr zu so später Stunde weit nachhause fahren bräuchte. Doch ich lehnte mit den Worten ab, dass ich nachhause müsste, da auch noch mein Kater versorgt sein wollte, der sicherlich schon auf sein Fressen wartete.
Auf diese, meine Erwiderung hin, sah sie mich traurig an und so meinte ich, dass sie mich ja am kommenden Abend zum Abendessen besuchen könnte und ich etwas für uns beide kochte. Darauf lächelte sie, drückte mich noch einmal und wir machten uns auf unsere individuellen Heimwege.

Der nächste Tag kam und ich verbrachte einen Großteil von ihm damit, meine Wohnung in Ordnung zu bringen und einzukaufen. Denn was sollte mein Date von mir denken, wenn sie käme und meine Wohnung im blanken Chaos vorfände?
Als ich schließlich fertig mit saubermachen und einkaufen war, bereitete ich das Essen vor. Ich hatte mir überlegt ein drei-Gänge-Menü zu bereiten, bei dem die Vorspeise eine Gemüsebrühe, der Hauptgang Kartoffeln mit Spinat und Rührtofu und das Dessert ein Pudding wäre.
Schließlich, als das Essen beinahe fertig war, kam auch mein Date und nach der obligatorischen Umarmung und Begrüßung, fragte sie mich, wo denn das Bad sei. Ich sagte es ihr und begab mich wieder in die Küche, um mich um das Essen zu kümmern.
So stand ich in der Küche, als nach einer Weile wieder mein Date auftauchte und mich irritiert fragte, warum ich denn Kaffeesatz auf einem alten Backblech im Badezimmerfenster liegen hätte. Auf ihre Frage hin verfluchte ich mich erst einmal selbst dafür, dass ich vergessen hatte es wegzuräumen. Doch nach einem kurzen Moment des Zögerns, zuckte ich nur innerlich mit meinen Schultern und meinte zu ihr, dass Kaffeesatz ein guter ökologischer Pflanzendünger sei und ich ihn im Badezimmerfenster trocknete, damit er nicht schimmelte. Ich sagte ihr, dass das Badezimmer dafür der best geeignetste Ort in meiner Wohnung sei, da es das einzige Zimmer mit Südfenster wäre und darüber hinaus dort der Kaffeegeruch nicht wirklich störte. Meine Ausführungen schienen sie nicht wirklich zu überzeugen, doch ließ sie es auf sich beruhen.
Nach diesem kurzen Wortwechsel blickte sie sich in meiner Küche um und fragte, ob sie mir noch etwas helfen könnte, was ich verneinte, worauf hin sie zu mir an den Herd kam. Bei mir angekommen umfasste sie mich mit ihren Händen von hinten und legte ihren Kopf an meinen Rücken, wobei sie mich fragte, was es denn überhaupt zu essen gäbe, worauf ich ihr mein Menü vorstellte. So, ich mit den Kochlöffeln am Herd rührend und sie an mich gelehnt, blieben wir stehen, bis die Speisen fertig bereitet waren.
Mit dem fertigen Essen begaben wir uns dann ins Wohnzimmer, stellten die Speisen auf den gedeckten Tisch und zündeten noch eine Kerze an. Der Tisch so weit bereitet, setzten wir uns an ihn und aßen und unterhielten uns genüsslich.
Nach dem Essen brachten wir das Geschirr in die Küche und mein Date fragte mich, ob ich ihr denn nicht noch meine gesamte Wohnung zeigen wollte, worauf ich zustimmte und sie durch meine Wohnung führte. Bei dieser Führung trafen wir auch meinen Kater, den ich ihr bei dieser Gelegenheit gleich vorstellte und in den Arm gab, wobei sie so aussah, als wüsste sie nicht, was sie mit dem Kater anfangen sollte. Sie sah gerade so aus, als hätte sie noch nie eine Katze oder einen Kater in den Armen gehalten.
Schließlich erlöste ich sie aus der für sie offensichtlich unangenehmen Situation, indem ich wieder den Kater in den Arm nahm und ihn selbst streichelte, während ich den Rundgang durch meine Wohnung, mit meinem Date, abschloss.
Nach dem Rundgang fragte mich mein Date verblüfft: „Sag mal, hast du kein Fernseher?“, was ich bestätigte. Diese, meine Antwort, war scheinbar nicht das, was sie erwartet hatte, denn sie sah mich ganz überrascht an. Ihre nächste Frage war dann auch, was ich denn noch geplant hätte, an diesem Abend mit ihr zu unternehmen, worauf ich meinte, dass ich eigentlich nichts besonders geplant habe und eigentlich dachte, dass wir entweder noch eine Runde spazieren gehen oder einfach ein Hörspiel oder Hörbuch hören könnten. In diesem Moment sah sie mich richtig enttäuscht an und meinte schließlich, dass wir ja ein „Hörspiel“ hören könnten, wobei ich den Eindruck hatte, dass sie sich eher gewünscht hätte ein Film zu schauen oder irgendetwas Aufregendes zu tun. Ich hatte den Eindruck, dass sie die Ruhe und Beschäftigungen, die von ihr Ruhe erforderten, nicht mochte. Aber gut, es war bereits zu spät, um das noch zu ändern und so legte ich eine Folge von „Sherlock Holmes Chronicles“, die mir besonders gut gefiel, auf und setzte mich mit ihr aufs Sofa. Auf dem Sofa lehnte sie sich an mich und ich schloss meine Augen, um einfach, in meiner Fantasie, in das Abenteuer des Meisterdetektivs abzutauchen.
Doch das einfache Hören des Hörspiels war nichts für mein Date, denn sie stand alsbald wieder auf und lief durch die Wohnung. Sie stand auf, tigerte unruhig hin und her und schritt sogar meine Bücherregale ab. Von ihrer Unruhe irritiert fragte ich sie, was denn los sei, worauf sie meinte, dass sie sich nur noch einmal in aller Ruhe, in meiner Wohnung, umschauen wollte.
Schließlich, nach nur wenigen Minuten, kam sie zurück zu mir, setzte sich aber nicht neben mich aufs Sofa, sondern rücklings auf meinen Schoß und begann mich gierig zu küssen. Sie küsste mich, während sie mir mit ihren Händen unter die Kleidung fuhr. Ich fühlte mich überfahren und drückte sie sanft, aber bestimmt von mir weg, wobei ich ihr sagte, dass mir das alles viel zu schnell ginge. Auf meine Worte hin fauchte sie mich böse an: „Magst du mich etwa nicht?“ Worauf ich antwortete: „Doch, ich mag dich. Ich mag dich wirklich gern und genieße deine Gegenwart. Ich mag dich, doch das geht mir einfach alles zu schnell, schließlich kennen wir uns noch nicht richtig.“
Ihre Antwort darauf war: „Ja, du magst mich, willst mich aber nicht haben! Bin ich dir etwa zu hässlich?“ „Nein, ich finde dich sogar ausgesprochen attraktiv.“ „Na dann wach mal aus deinen Tagträumen auf! Das ist unser drittes Date, wie lange möchtest du noch mit kennenlernen verbringen, bevor du dir sicher bist, ob du mich haben willst?“ „Ich möchte mir eigentlich nur sicher sein, dass ich dich nicht nur mag, sondern wirklich von Herzen liebe.“, erwiderte ich leise und mit gesenktem Blick.
Auf meine Antwort hin lachte mein Date und meinte: „So wirst du die Liebe sicher nicht finden, denn hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht und man kennt nie einen anderen Menschen wirklich in- und auswendig. Aber das ist mir jetzt egal. Ich sehe, dass du deine Zeit brauchst, Zeit, die ich dir nicht geben kann.“ Das gesagt, stand sie auf, schnappte sich ihre Jacke und ging, wobei sie mich wie einen begossenen Pudel zurück ließ.
Nach einer Weile ging ich ihr nach, um zu schauen, ob sie wirklich gegangen war, und stellte zu meiner Überraschung fest, dass sie in der Wohnungstür innegehalten hatte. Dort drehte sie sich noch einmal um und es lag wieder etwas Sanftes in ihrem Wesen. Sie meinte: „Also, das zwischen uns wird nichts, auch wenn es mir Spaß gemacht hat, dich kennenzulernen, aber du brauchst nun einmal deine Zeit. Zum Abschied aber vielleicht noch ein kleiner Tipp, damit du nicht irgendwann einsam und verbittert stirbst: Versuche mal die ‚Drei-Dates-Regel‘. Maximal drei Dates um auszutesten, ob du mit einer potentiellen Partnerin halbwegs klarkommst und ob es zwischen euch im Bett klappt, denn das macht bereits über fünfzig Prozent einer Beziehung aus. Ist das soweit gut, gehe eine Beziehung ein und versuche das Lieben in der Beziehung zu lernen. Die Liebe, die bereits vor einer Beziehung daraus entsteht, dass man jemanden wirklich kennen und lieben lernt, gibt es nicht. Es gibt keine wirkliche Liebe, die rein romantisch ist und ohne die körperliche funktionieren kann. Scheinbar suchst du aber die romantische Liebe, die existiert, bevor man das Bett miteinander teilt, doch mach dir bewusst, dass auch diese Liebe in der ersten gemeinsamen Nacht scheitern kann. Sei dir in unserer schnellen, kurzlebigen Zeit bewusst, dass man immer das Risiko des Scheiterns einer Beziehung einplanen muss, da es hundertprozentige Sicherheit nicht gibt und nicht geben kann. Es kann immer sein, dass das erste ‚Verliebtsein‘ verschwindet oder sich die Liebe, egal wie lange man mit einem Partner zusammen ist, nicht einstellt.
Kommt die Liebe nicht oder ist sie wieder gegangen, muss man halt einen Schlussstrich ziehen, doch das ist immer noch besser, als ein Leben lang auf dem Abstellgleis zu stehen und immer auf jemanden besseres zu warten.“
Das gesagt, drückte mich mein Date noch ein allerletztes Mal, bevor sie sich umdreht und aus meinem Leben verschwand.

Ich blieb zurück und fragte mich, wann „sich Zeitnehmen“ zu einem Makel geworden ist und ob die Schnelllebigkeit in Bezug aufs Kennenlernen und die Fixierung auf die sexuelle Liebe uns Menschen vergessen lässt, dass einmal die mentale, romantische Liebe, das erstrebenswerte für uns Menschen war. Sollte man wirklich, nur um nicht auf dem Abstellgleis zu enden und zu verbleiben, vorschnelle, unüberlegte Entscheidungen treffen? Sollte man wirklich darauf verzichten, zu versuchen einen Partner oder eine Partnerin zu finden, mit der man sich wirklich versteht und sein Leben, seine Werte und seine Weltanschauung teilt und stattdessen versuchen den / die perfekte*n Partner*in in einer Beziehung zu formen? Ist es wirklich sinnvoll, so ein „Fast-Track-Programm“, wie die „Drei-Dates-Regel“ zu befolgen, um den Partner oder die Partnerin fürs Leben zu finden, bei der oder dem man sich wirklich fallenlassen und geborgen fühlen kann? Nein, dass kann nicht die Lösung sein! Also lieber weiter Zeit nehmen, um potentielle Partner*innen kennenzulernen, bei den man Liebe im Herzen verspürt. Sollte sich eine*r nicht die Zeit nehmen, so ist sie oder er wahrscheinlich nicht der oder die Richtige.

Published inEine letzte Liebesgeschichte

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